UNSERE GENE
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EINE UNABHÄNGIGE KAMPAGNE VON MEDIAPLANET
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UNSERE
GENE
NICHT VERPASSEN:
Genetisch bedingte
Netzhauterkrankungen
Zwei Betroffene im Interview
Seite 06 – 07
studiolh
Hämophilie
Gentherapie weckt
Hoffnung auf Heilung
Seite 09
RNA-Interferenz
Vielversprechende
Behandlungsmöglichkeiten
Seite 11
2
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VERANTWORTLICH FÜR DEN
INHALT IN DIESER AUSGABE
Gulaim Steinrötter
Sie und ich haben
fast die gleiche
DNA: Nur ein
Prozent unserer
Erbinformationen
bestimmt u.a. wie
wir aussehen und
welche Krankheiten
wir in uns tragen.
IN DIESER AUSGABE
„Ein Mensch ist mehr als
die Summe seiner Gene“
– eine Aussage, die weder infrage gestellt noch relativiert werden kann.
Es steht jedoch außer Zweifel, dass die genetische Ausstattung eines
Menschen sein Leben in entscheidendem Maße beeinflussen kann.
Industry Development Manager Healthcare: Gulaim
Steinrötter, Geschäftsführung: Richard Båge (CEO),
Philipp Colaço (Managing Director), Alexandra Lassas
(Content and Production Manager), Henriette Schröder
(Sales Director), Grafik & Design: Lea Hartmann
Mediaplanet-Kontakt: [email protected]
Coverbild: Lea Hartmann
artstudiolh
facebook.com/MediaplanetStories
@Mediaplanet_germany
Please recycle
05
Cerebrotendinöse Xanthomatose (CTX)
Die Notwendigkeit einer frühen Diagnose
10
Biotechnologie-Standort
Deutschland hat die Chance zu einem
international führenden Standort zu
werden
Alle Artikel, die mit “in Zusammenarbeit mit“ gekennzeichnet
sind, sind keine neutrale Redaktion der Mediaplanet Verlag
Deutschland GmbH.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die
gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich,
weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche
Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle
Geschlechter.
FOTO: UK HAMBURG-EPPENDORF
Prof. Dr. Boris Fehse
Forschungsabteilung
Zell- und Gentherapie,
Klinik für Stammzelltransplantation,
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf,
Präsident e. o. der
Deutschen Gesellschaft
für Gentherapie
(2018–2020)
Text
Prof. Dr. Boris Fehse
Während die einen Unterschiede
in der Erbinformation
für die Vielfalt der menschlichen
Spezies sorgen (von
der Augenfarbe bis zum Immunsystem),
können andere, zum Teil minimale Änderungen
(„Mutationen“), krank machen.
Zwar sind die meisten genetisch bedingten
Erkrankungen sehr selten, doch aufgrund
ihrer großen Zahl (circa 10.000)
gehen Experten davon aus, dass circa fünf
Prozent der Neugeborenen einen genetischen
Defekt tragen, der sich früher
oder später in einer – manchmal sehr
schweren – Erkrankung manifestiert.
Für viele der genetischen Krankheiten
sind die Ursachen, die vom Austausch oder
Fehlen einzelner Genbausteine (Nukleotide)
bis hin zu Fehlern auf der Ebene ganzer
Chromosomen reichen können, und
die resultierenden pathogenen (krank
machenden) Mechanismen bekannt.
Basierend darauf wurden schon vor Jahren
Programme für das Neugeborenenscreening
eingeführt, um Therapien
so früh wie möglich zu initiieren. Mit
der Kenntnis des gesamten menschlichen
Genoms und der Entwicklung
neuer Technologien wie der Hochdurchsatzsequenzierung
gibt es inzwischen
auch die Möglichkeit, für bestimmte
genetische Defekte molekulare Tests
an Blutproben der Schwangeren vorzunehmen
(Pränataldiagnostik). Doch nicht
nur die Diagnostik profitiert – die ersten
Gentherapien für die Behandlung monogener
(von einem Gen verursachter)
Krankheiten sind inzwischen auch in
Europa zugelassen.
Neben den sich unmittelbar in Krankheiten
manifestierenden Defekten spielt die Summe
unserer genetischen Anlagen eine
wichtige Rolle für das Risiko der Entstehung
verschiedener „Volkskrankheiten“
– von Diabetes über Bluthochdruck
bis hin zu Krebs. Als Beleg diene
die Tatsache, dass mancher Kettenraucher
100 wird und auch Nichtraucher
an Lungenkrebs sterben können. Das
Verständnis der Rolle einer Vielzahl
zumeist kleiner genetischer Unterschiede
bei der Krankheitsentstehung hilft uns
nicht nur dabei, die Krankheitsmechanismen
besser zu verstehen. Es wird
auch dazu beitragen, Therapien
genauer auf den einzelnen Patienten
zuzuschneiden. Solchen maßgeschneiderten
oder personalisierten Therapien
gehört zweifellos die Zukunft. Und diese
hat schon begonnen. In der Krebsmedizin
bestimmt die genetische Diagnostik
schon heute in großem Maße über
die individuelle Therapie.
Experten gehen davon aus,
dass circa fünf Prozent
der Neugeborenen einen
genetischen Defekt tragen.
Während Deutschland mit der Nationalen
Strategie für Genommedizin genomDE in
den letzten Jahren große Anstrengungen
unternommen hat, um den klinischen
Einsatz von Genomdiagnostik voranzutreiben,
hinkt unser Land, wie der gesamte
europäische Raum, bei der Gentherapie
deutlich hinter der internationalen
Entwicklung zurück. Hier bedarf es sehr
schnell großer, gemeinsamer Forschungsanstrengungen
und vor allem breit angelegter
finanzieller Unterstützung, damit
das Motto dieser Kampagne „Unsere Gene
– Schlüssel zu neuen Diagnosen und
Therapien“ in seiner Gesamtheit auch
hier in Europa realisiert werden kann.
FOTO: SHUTTERSTOCK_1005896620
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FOTO: SHUTTERSTOCK_1169699956
Personalisierte Medizin:
Der Türöffner im Hintergrund ist die gezielte Labordiagnostik
Dr. Martin Walger, Geschäftsführer Verband der Diagnostica-Industrie,
im Interview.
Text Charlie Schröder
Dr. Martin Walger
Geschäftsführer, Verband der
Diagnostica-Industrie
P
ersonalisierte Medizin rückt immer
stärker in den Fokus der Forschung.
Was versteht man unter
diesem doch weit gefassten Begriff?
Personalisierte Medizin ist die Medizin der
Zukunft. In der Arzneimitteltherapie heißt
das: Die Auswahl des richtigen Medikaments
basiert auf der präzisen Krankheitsdiagnose
und der Bestimmung individueller Merkmale
des Patienten, die die Wirksamkeit, Verträglichkeit
und Dosierung eines Medikaments
beeinflussen. Das Ziel ist die passgenaue Therapie
mit möglichst wenig Nebenwirkungen
und hoher Aussicht auf Erfolg. Bildlich
gesprochen: Wir ersetzen das therapeutische
„One size fits all“ durch „Konfektionsgrößen“
und wollen hin zum therapeutischen „Maßanzug“.
Dieses Prinzip gilt auch für die
personalisierte Früherkennung von Krankheiten,
ein Schwerpunkt in der aktuellen
Krebsforschung.
Kernstück der personalisierten Medizin
ist die Diagnostik. Was bedeutet das?
Die Bestimmung individueller Patientenmerkmale
meint heute nicht mehr allein
Alter, Gewicht und Vorerkrankung. Hinzu
kommen genetische, molekulare und zelluläre
Besonderheiten des Patienten. Es ist
die Errungenschaft der modernen Labordiagnostik,
dass auch diese Patienteneigenschaften
immer genauer erkennbar
und messbar geworden sind. Viele denken
zuerst an pharmazeutischen Fortschritt
und Arzneimittelinnovationen. Der Türöffner
im Hintergrund ist immer die gezielte
Labordiagnostik. Sie ermöglicht ein besseres
Verständnis von physiologischen und
pathologischen Zuständen. Aussagekräftige
Biomarker zu identifizieren und zu validieren,
ist wesentlicher Taktgeber für eine stärkere
Nutzung der personalisierten Medizin.
Die Bestimmung
individueller
Patientenmerkmale
meint heute
nicht mehr allein
Alter, Gewicht und
Vorerkrankungen.
Hinzu kommen
genetische,
molekulare
und zelluläre
Besonderheiten.
In welchen Gebieten kommt die personalisierte
Medizin zum Einsatz?
Am weitesten verbreitet ist die personalisierte
Medizin derzeit in der Onkologie.
Trotz gleicher Krebsart sind die speziellen
Eigenschaften des Tumors von Patient zu
Patient verschieden. Biomarker geben darüber
Auskunft. Prognostische Biomarker
liefern Hinweise auf den zu erwartenden
individuellen Verlauf der Erkrankung. Prä-
diktive Marker ermitteln die krebsauslösende
Mutation und ermöglichen Aussagen über
die Wahrscheinlichkeit, mit der eine bestimmte
Therapie bei einem Patienten wirksam ist.
Wie schnell wird ein Medikament verstoffwechselt?
Muss eine Umstellung auf
andere Medikamente erfolgen? Welche
Rückfallwahrscheinlichkeit bei Krebserkrankungen
besteht? Gibt es besondere
Risiken bei genetischer Vorbelastung? Auf
diese Fragen können Biomarker patientenbezogen
Antworten geben.
Personalisierte Medizin soll zu höherem
Therapieerfolg führen. Gibt es Indikationsgruppen,
bei denen die personalisierte
Medizin besonders zielführend
ist?
Die Onkologie bleibt das wichtigste Einsatzgebiet.
Bei chronischen Erkrankungen
wie Rheuma oder Diabetes wird der Nutzen
zunehmend erkennbar. Auch Arzneimittel
für neuartige Therapien (Advanced Therapy
Medicinal Products, ATMP) gehören zur
personalisierten Medizin. Sie umfassen
Anwendungen, die auf Genen, Geweben
oder Zellen beruhen und tatsächlich auf das
einzelne Individuum zugeschnitten sind.
Auch die Entwicklung und die Anwendung
von ATMP in der medizinischen Versorgung
erfordern eine spezielle Labortechnologie.
Was muss auf gesundheitspolitischer
und forschungsbasierter Ebene passieren,
damit die personalisierte Medizin
immer weiter vorangetrieben werden
kann?
Es ist erstens wichtig, das Erstattungssystem
weiterzuentwickeln, um die Chancen
der personalisierten Medizin für alle zu verankern.
Zweitens muss die Digitalisierung
des Gesundheitswesens massiv beschleunigt
werden. Es liegt auf der Hand, dass die
Sammlung, Zusammenführung und Analyse
von Daten aus komplexen diagnostischen
und medikamentösen Verfahren nicht
anders zu bewerkstelligen ist. Und drittens
ist zu wünschen, dass industrielle Forschung
– selbstverständlich unter Berücksichtigung
eines angemessenen Datenschutzes – einen
besseren Zugang zu Daten der Gesundheitsversorgung
erhält. Mit dem Konzept eines
europäischen Gesundheitsdatenraums gibt
es hierzu interessante Denkanstöße der
EU-Kommission.
4
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FOTO: PRIVAT
arschbrueste | Pias Instagram-Profil
Hast du je über eine genetische
Veranlagung nachgedacht,
als deine Mutter und deine
Schwester erkrankten?
Vor circa 20 Jahren, als meine Mutter krank
wurde, waren genetische Zusammenhänge
noch nicht so bekannt, es gab viel weniger
Informationen. Ich dachte damals‚
in unserer Familie gibt es einfach kein
Glück mit Brüsten. Die ganze Linie, Omas
und Opas, alle sind an Brustkrebs erkrankt.
Meine Schwester war selbst in
der Krebsforschung tätig, sie wusste, was
es alles gibt. Als sie krank wurde, hat sie
sofort einen Gentest gemacht, es war
BRCA1. Da realisierte ich zum ersten Mal,
dass Gene Krebs auslösen können. Meine
„Ich will nicht, dass du an
demselben Scheiß stirbst“
Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, ist in Pias Familie genetisch
bedingt. Pias Schwester Manja ist mit 32 Jahren an Brustkrebs
verstorben und hat ihr vorab das Versprechen abgerungen, sich testen
zu lassen. Wie Pias Weg weiterging, erzählt sie im Interview.
Text Miriam Rauh
Schwester sagte mir immer: „Mach diesen
Gentest“. Ich habe das Thema aber zunächst
verdrängt, ich war Anfang 20 und
wollte nichts von Krankheit wissen. Aber
meine Mutter war jung erkrankt, meine
Schwester war erst 28 … Mir war klar, dass
es nicht nur alte Leute trifft. Als meine
Schwester im Sterben lag, sagte sie: „Stirb
nicht an demselben Scheiß!“ Ich musste
ihr versprechen, dass ich mich auch testen
lasse.
Dein Gentest sagte aus, dass das Risiko,
dass du vor deinem 30. Lebensjahr erkrankst,
bei 86 Prozent liegt. War dir
nach dem Ergebnis sofort klar, was das
bedeutet?
Als ich das Ergebnis bekam, war es, als
hätte ich mein Todesurteil bekommen. Ich
dachte, wenn meine große Schwester es
nicht geschafft hat, die sonst immer alles
hinbekommen hat, warum sollte ich es
schaffen? Ich hatte Panik. Das Ergebnis
hat auch erst mal meine weitere Familienplanung
auf Eis gelegt – meine große
Tochter war schon auf der Welt, aber ich
wollte mehrere Kinder. Das schob ich erst
mal ganz weit zur Seite.
Wie lief der Gentest damals bei dir ab?
Zunächst wurde eine Familienanamnese
gemacht, wer hatte welche Krebserkrankungen?
In unserem Fall betraf es die
ganze Linie. Dann folgte ein Bluttest. Es
dauerte ein paar Wochen bis das Ergebnis
kam. Dann hatte ich schwarz auf weiß, bei
welchen Krebsarten ein erhöhtes Risiko
für mich besteht. Das fühlte sich nicht gut
an.
Danach hast du dich für eine prophylaktische
Mastektomie entschieden.
Ist dir die Entscheidung schwergefallen?
Ich hatte wirklich Panik. Ich bekam das
Ergebnis, stand da und dachte, ich kann
nicht sterben, jedenfalls nicht jetzt und
nicht an Krebs. Vor dieser Grundlage fiel
es mir relativ leicht, mich von meinen
Brüsten zu verabschieden. Zu der Zeit
war meine ältere Tochter zehn Monate
alt, ich habe dann sehr schnell abgestillt,
weil ich keine Zeit verlieren wollte.
Meine Schwester hatte selbst gestillt, als
sie feststellte, dass etwas nicht in Ordnung
ist, es gab viele Parallelen. Zwischen
dem Testergebnis und der OP lagen nur
wenige Wochen.
„Mama, stimmt‘s, du hast Arschbrüste?!“
Das ist der Titel deines Buches. Wie
kam es zu dieser Aussage?
Der Satz kommt von meiner Tochter. Ich
hatte verschiedene Operationen hinter
mir; das Silikon, das zunächst nach der
Mastektomie eingesetzt worden war, hatte
ich nicht gut vertragen, mir wurden
dann neue Brüste aus eigenem Gewebe
aufgebaut. Meine Tochter wusste, dass ein
Teil von meinem Po jetzt in meiner Brust
ist, wir gehen offen damit um. Als ich sie
aus der Kita abholte, rief sie eines Tages
quer über den Platz: „Mama, stimmt’s, du
hast Arschbrüste?!“ Die anderen Eltern
starrten mich alle an. So bekam das Buch
seinen Titel.
Darüber zu reden, ist
sehr wichtig. Dem
Partner die Gefühle
mitteilen, damit der
andere weiß, was los ist.
Was rätst du anderen Betroffenen?
Etwas, das ich nicht gemacht habe –
sich Zeit nehmen für Entscheidungen.
Ich kann jeden verstehen, der erst mal
panisch reagiert, aber auf einen oder zwei
Tage kommt es nicht an. Auch sollte man
nicht alleine zum Arztgespräch gehen.
Vier Ohren hören mehr als zwei, besonders
wenn man eine belastende Nachricht
erhält. Es ist auch gut, sich eine
Zweit-meinung einzuholen. Und darüber
zu reden, ist sehr wichtig. Dem Partner
seine Gefühle mitteilen, damit der andere
weiß, was los ist.
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„Viele Frauen fürchten eine Chemotherapie –
wir Ärzte sind froh, dass uns dieser Test bei der Therapieentscheidung hilft“
Jede achte Frau in Deutschland erkrankt an Brustkrebs. Die Diagnose bleibt ein Schock – aber mittlerweile sieht die Perspektive für die meisten
Betroffenen deutlich besser aus als noch vor einigen Jahren. Auch weil Therapien immer individueller auf die jeweilige Patientin und ihre
Bedürfnisse zugeschnitten werden können. Prof. Dr. Florian Schütz, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Diakonissen-
Krankenhauses Speyer, erklärt, wie sich die Behandlung von Brustkrebs weiterentwickelt hat.
Herr Prof. Schütz, was empfinden Frauen nach einer
Brustkrebsdiagnose?
Direkt nach der Diagnose fühlen sich Frauen oft
alleingelassen. Sie sind mit einer Vielzahl von Untersuchungsergebnissen
und Entscheidungen konfrontiert, die letzten Endes
sie selbst treffen müssen. Zum Beispiel wenn es um die Entscheidung
für oder gegen eine Chemotherapie geht.
Was raten Sie Frauen in dieser Situation?
Das wird Sie vielleicht überraschen, aber meine erste Empfehlung
lautet oft: Nehmen Sie sich Zeit. Entscheiden Sie in aller
Ruhe über die nächsten Schritte.
Man würde denken, bei Krebs muss möglichst schnell
reagiert werden.
Krebs muss vor allem möglichst frühzeitig diagnostiziert werden.
Nach der Diagnose gibt es keinen Grund, sich sofort für diese
oder jene Therapie zu entscheiden. Frauen sollten alle Optionen
kennen, sich einen Arzt suchen, dem sie vertrauen und bei dem
sie sich wohl fühlen. An dieser Stelle möchte ich auch betonen, dass
die Medizin in den letzten Jahren große Fortschritte bei der Brustkrebsbehandlung
gemacht hat. Immer weniger Frauen sterben an
dieser Krankheit und es kommt immer seltener zu einer unnötigen
Belastung der Patientinnen.
Wie sieht eine möglichst wenig belastende Therapie aus?
Das ist von Patientin zu Patientin unterschiedlich. Brustkrebs
tritt in vielen unterschiedlichen Formen auf, jede davon verlangt
nach einer anderen Behandlung. Wenn es zum Beispiel darum
geht, eine Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie
zu treffen, benötigen wir eine möglichst genaue Einschätzung,
ob die Patientin von dieser Therapie profitiert. Bei Patientinnen
mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs war es schwierig, den
Nutzen einer Chemotherapie zusätzlich zur antihormonellen Therapie
anhand der verfügbaren Parameter wie zum Beispiel Tumorgröße
oder -wachstum zu bestimmen. Mittlerweile helfen uns Multigentests
wie der Oncotype DX Breast Recurrence Score® Test dabei.
Diese Tests werden mittlerweile auch von den Krankenkassen
erstattet. Wie funktionieren sie?
Sie ermöglichen es, risikorelevante Gene des Tumors zu analysieren,
das individuelle Rückfallrisiko und so den möglichen Nutzen
einer Chemotherapie zu bestimmen. Letzteres, die sogenannte
Prädiktion, ist besonders wichtig. Der mögliche Nutzen einer
Chemotherapie ist nämlich nicht zwangsläufig davon abhängig,
wie gut oder schlecht die Diagnose für die Patientin aussieht.
Es gibt mehrere dieser Tests. Der Oncotype DX® Test ist der
einzige Multigentest, der über prädiktive Eigenschaften verfügt.
Der Test identifiziert also die Frauen, denen eine Chemotherapie
hilft und auch diejenigen, die darauf verzichten
können. Für welche Patientinnen kommt er infrage?
Alle Patientinnen, bei denen ein Hormonrezeptor-positives, HER2/
neu-negatives und nodal-negatives Mammakarzinom im Frühstadium
diagnostiziert wurde und eine Entscheidung für oder gegen Chemotherapie
durch das Ergebnis des Tests, zusätzlich zu den konventionellen
Faktoren, auf einer validen Basis getroffen werden kann.
Wenn ich sehe, dass eine Patientin geeignet ist, schlage ich ihr
den Test frühestmöglich vor. Wir sind noch nicht soweit, dass Multigentests
in allen Brustzentren eingesetzt werden, deswegen halte ich
es für wichtig, dass möglichst viele Patientinnen die Multigentests
kennen und ihren Arzt oder ihre Ärztin darauf ansprechen können.
Prof. Dr. Florian Schütz
Chefarzt der Klinik für
Gynäkologie und Geburtshilfe
des Diakonissen-
Krankenhauses Speyer
Oncotype DX und Recurrence Score sind eingetragene Warenzeichen von Genomic Health, Inc. Exact Sciences ist ein eingetragenes Warenzeichen der Exact Sciences Corporation. © 2022 Genomic Health, Inc. Alle Rechte vorbehalten.
Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 5
CTX – Eine frühe Diagnose ist entscheidend
Die cerebrotendinöse Xanthomatose (kurz CTX) ist eine seltene genetisch bedingte Erkrankung, bei der der
Gallensäurestoffwechsel der betroffenen Patienten gestört ist. Eine frühe Diagnose und Therapieeinleitung
sind entscheidend, da die Erkrankung bei nicht diagnostizierten Betroffenen unaufhaltsam fortschreitet und
hauptsächlich zu schweren neurodegenerativen Einschränkungen und einer deutlichen Einschränkung der
Lebenserwartung führen kann.
Text Hanna Sinnecker
Die Schwierigkeit der Diagnosestellung
CTX wird durch verschiedene Genmutationen im CYP-
27A1-Gen verursacht, die einen Mangel an einem wichtigen
Enzym bewirken, das für den Cholesterin- und Gallensäurestoffwechsel
benötigt wird. Betroffene haben
dadurch einen Mangel an primären Gallesäuren, die
für die Verarbeitung von Cholesterin benötigt werden.
In der Folge lagern sich Fette, wie Cholesterin und Cholestanol,
in verschiedenen Organen ab und verursachen
fortschreitende Schäden, die irreversibel sind.
Da die CTX erblich bedingt ist, macht sie sich bereits im
Säuglings- und Kleinkindalter bemerkbar. Wie bei vielen
seltenen Erkrankungen sind aber die Symptome unspezifisch
und können auch andere Erkrankungen vermuten
lassen, die weit häufiger auftreten. Zu den klassischen
frühen Symptomen einer CTX gehören eine Gallenstauung
(sog. Cholestase), die mit einer anhaltenden
Gelbfärbung der Haut bei Neugeborenen und Säuglingen
einhergeht, anhaltende Durchfälle, sowie ein
beidseitiger juveniler Katarakt (Linsentrübung). Zudem
können frühzeitig neurologische oder psychische
Auffälligkeiten, Entwicklungsverzögerungen
oder Knochenveränderungen auftreten. Bei chronischen
Durchfällen, die keine andere Ursache erkennen
lassen, die zusammen mit einem der zuvor genannten
Symptome auftreten, sollte daher auch an eine CTX gedacht
werden. Denn auch wenn die Erkrankung selten
ist, kann die richtige Diagnose viel Leid verhindern.
Mittlerweile gibt es verschiedene Verfahren zur Diagnose
der Erkrankung: Mittels Bluttests kann der Cholestanolwert
im Blutplasma bestimmt werden, und mithilfe
von Urin- und Bluttests können Gallenalkohole
im Plasma festgestellt werden. Zudem gibt es auch die
Möglichkeit, einen Trockenbluttest durchzuführen,
der gerade bei kleinen Patienten unkompliziert durchführbar
ist und erste Hinweise auf eine CTX-Erkrankung
geben kann. Ist das der Fall, kann die Diagnose
durch eine genetische Untersuchung zweifelsfrei
bestätigt werden.
Die Wichtigkeit einer frühen Diagnose
Je früher die Diagnose gestellt wird, umso schneller
kann eine Therapie in die Wege geleitet und die Lebensqualität
der Betroffenen positiv beeinflusst werden.
Zudem können bei einem frühen Therapiebeginn die
Folgeschäden reduziert bzw. vermieden werden, sodass
Betroffenen ein nahezu beschwerdefreies Leben ermöglicht
werden kann.
FOTO: SHUTTERSTOCK_2162135319
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Leadiant GmbH entstanden.
CTX: Trockenbluttest vereinfacht Abklärung
Cerebrotendinöse Xanthomatose - kurz CTX - ist eine seltene, erblich bedingte
Erkrankung, die bei einer frühen Diagnose gut behandelbar ist. So können zum Beispiel
neurologische und kardiovaskuläre Komplikationen durch eine frühzeitig beginnende und lebenslange
Therapie verhindert werden, wohingegen bereits eingetretene Schädigungen irreversibel sind.
Eine möglichst frühe Diagnose ist für die Patienten somit oft entscheidend. Genau aus diesem Grund
wurde die Trockenblutkarte entwickelt. Elena Ivanchenko, Marketing Director bei der
Leadiant GmbH, erläuterte uns in einem kurzen Gespräch Details hierzu.
Text Charlie Schröder
Elena Ivanchenko
Marketing Director der
Leadiant GmbH
Weitere Informationen
finden Sie unter
www.leadiant.de und unter
www.ctxawareness.com/de
Liebe Frau Ivanchenko, fangen wir
am Anfang an. Wie lange dauerte es
bislang, bis eine CTX diagnostiziert
wurde?
Laut Studien liegt die Latenz zwischen Erstsymptom
und Diagnosesicherung bei durchschnittlich
20 Jahren. Das ist vor allem
darin begründet, dass die Symptome der CTX
im Säuglings- und Kleinkindalter eher unspezifisch
sind. Eine Gelbsucht des Neugeborenen,
ein chronischer Durchfall oder auch
eine spätere Entwicklungsabweichung treten
auch bei vielen anderen, deutlich häufigeren
Krankheitsbildern in dem Alter auf.
Wie sahen die diagnostischen Möglichkeiten
bisher aus?
Die Diagnose der CTX basiert hauptsächlich
auf klinischen Befunden in Kombination mit
biochemischen und molekulargenetischen
Tests. Wichtig ist eine sorgfältige Anamnese
und ärtzliche Untersuchung. Im Kindesalter
sollte die Kombination von Durchfall, Katarakt
und Entwicklungsabweichung den Verdacht
auf CTX lenken. Klinisch fallen häufig
die namensgebenden Xanthome auf, die eine
erhebliche Größe erreichen können. Diagnoseweisend
ist die Bestimmung von Cholestanol
im Blutplasma. Cholestanol ist ein Abbauprodukt
von Cholesterin und Bestandteil der
Gallenflüssigkeit. Bei CTX ist dieser Metabolit
im Blut um das 3- bis 15-fache erhöht, während
der Cholesterinspiegel niedrig oder normal ist.
Im Urin lassen sich außerdem größere Mengen
an glukuronidierten Gallenalkoholen nachweisen.
Die Diagnosesicherung erfolgt molekulargenetisch
durch den Nachweis einer
CYP27A1-Mutation.
Was zeichnet den neuen Trockenbluttest
aus?
Bei dem Test mit Hilfe der Trockenblutkarte
werden nur wenige Tropfen Blut benötigt, um
die Gallensäurevorstufen im Blut zu bestimmen.
Mit derselben Karte lässt sich bei Erhärtung des
Verdachts auf eine CTX auch die molekulargenetische
Untersuchung durchführen. Damit
wird die Abklärung der Verdachtsdiagnose
CTX enorm vereinfacht. Gerade in der Pädiatrie
ist es von enormem Vorteil, nur
einmal Blut aus der Fingerbeere oder bei Neugeborenen
aus der Ferse abnehmen zu müssen
und nicht zwei Mal aus der Vene.
Wie wird der Trockenbluttest genau durchgeführt?
Ein Tropfen Blut aus der Fingerkuppe wird
in jedes Feld der Trockenblutkarte aufgebracht.
Die Testkarte wird dann an der Luft
getrocknet. Anschließend kann der Versand
an das Labor einfach per Post erfolgen.
Das Testergebnis steht in wenigen Tagen zur
Verfügung. Der Test basiert auf dem Nachweis
der Gallensäurenvorstufen Glucuronid
und Taurin. Sind diese erhöht, wird aus derselben
Trockenblutkarte ein genetischer Test
auf eine für die CTX typische CYP27A1-Mutation
durchgeführt. Der Test ist kostenfrei, die Kosten
sind über die Krankenkasse abrechenbar.
Damit ist ein breiteres Screening bei CTX-Verdachtsfällen
einfach möglich.
Bei dem Test mit Hilfe
der Trockenblutkarte
werden nur wenige
Tropfen Blut benötigt.
Damit wird die Abklärung
der Verdachtsdiagnose
CTX enorm vereinfacht.
Warum ist es wichtig, an die frühzeitige
CTX-Abklärung zu denken?
Wird die Diagnose frühzeitig gestellt, ist die
CTX in der Regel sehr gut behandelbar und
die Betroffenen können ein nahezu normales
Leben führen. Die unbehandelte CTX hat dagegen
einen progredienten Verlauf, es entstehen
schon im Kindesalter Katarakte und
die neurologische Entwicklung kann verzögert
sein. Im Erwachsenenalter kommt es unbehandelt
zu schweren neurologischen Komplikationen
wie Intelligenzminderung, Demenz,
Spastik, Ataxie, Morbus Parkinson, epileptischen
Anfällen und sensorischen Problemen
sowie einer frühen Atherosklerose mit lebensbedrohlichen
Folgen wie Herzinfarkten. Mit
der neuen Trockenblutkarte sollte sich die
Anzahl an unbehandelten CTX-Fällen reduzieren
und mehr Patienten eine höhere
Lebensqualität ermöglicht werden.
6
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LHON ist selten –
aber niemand ist allein
Nadine Rokstein ist 16 Jahre alt
als sie plötzlich nicht mehr so gut
sieht. Einige Monate später erhält
sie die Diagnose: LHON, Lebersche
hereditäre Optikusneuropathie, eine
seltene Erbkrankheit, die das Sehvermögen
beeinträchtigt und bis zur vollständigen
Erblindung führen kann.
Text Miriam Rauh
Nadine, wie haben sich die ersten
Symptome bei dir geäußert?
Als ich schlechter sah, habe ich
zunächst einfach den Zoom am Computer
etwas höher gestellt. Das empfand ich
noch als wenig dramatisch, aber es kamen
Kopf- und Augenschmerzen hinzu,
die mich stark beeinträchtigten. Mir war
zum Teil so schwindelig, dass ich taumelte.
Mit den Beschwerden ging ich zu
einer Augenärztin, die mich aber nicht
ernst nahm.
Danach begann für dich und deine
Eltern eine regelrechte Odyssee …
Ich wusste, dass mit meinen Augen etwas
ganz und gar nicht in Ordnung ist, fühlte
mich aber hilflos und alleingelassen, weil
diese Ärztin mir nicht glaubte, dass ich
Schmerzen habe. Mein Neurologe nahm
mich ernst, ich musste aber immer wieder
im Wechsel zu der Augenärztin. Wir
fühlten uns so unwohl, dass wir dann
in ein Klinikzentrum gefahren sind. Der
Chefarzt vermutete LHON, es mussten
aber zunächst ein Gehirntumor und eine
MS ausgeschlossen werden.
Wann wurde dann die Diagnose LHON
mittels Gentest gestellt?
Insgesamt dauerte es fünf Monate bis zur
Diagnose. In der Klinik wurde ein spezieller
Gentest gemacht, um die Mutation
zu bestimmen. Bei mir ist es 11778. Das
ist die häufigste Mutation bei LHON, die
zu den schwersten Beeinträchtigungen
führt, und so kam es bei mir relativ schnell
zur Blindheit. Bei den verschiedenen
Mutationen kann es manchmal zu spontanen
Verbesserungen kommen – ich
sage bewusst "kann", weil nicht sicher ist,
dass es passiert. Für die Mutation, die bei
mir vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit für
eine spontane Verbesserung gering.
Wie wurde der Gentest bei dir durchgeführt?
Es wurden eine Lumbalpunktion und verschiedene
Tests gemacht, aber ich weiß
gar nicht so viel über den medizinischen
Ablauf aus dieser Zeit. Meine Eltern
wollten mich nicht mit allen Verdachtsmomenten
konfrontieren, um mich zu
schützen, bis die Diagnose sicher war.
Erst später haben wir über Vermutungen,
die im Raum standen, gesprochen.
Konnte dir ein Vorschlag zur Therapie
gemacht werden?
Ja, ich kam direkt im Anschluss an die
Diagnose in eine Studie und habe begonnen,
ein Medikament zu nehmen,
dreimal täglich je fünf Tabletten. Dieses
Medikament soll dafür sorgen, dass
der Visus nicht weiter absinkt, einige
Patienten berichten auch von Verbesserungen
der Sehschärfe. Bei mir hat es
leider keine Veränderung gebracht, aber
es gibt Studien mit vielversprechenden
Daten zu einer Gentherapie. Man findet
sie, zusammen mit vielen weiteren Informationen,
auf der Seite von Pro Retina, einer
Selbsthilfevereinigung für Menschen
mit Netzhautdegenerationen.
Wie ist deine Familie und wie sind
deine Freunde mit der Erkrankung
umgegangen? Was hat dir geholfen?
Ich habe Freunde verloren, viele konnten
nicht mit meiner Erkrankung umgehen.
Es war, als wäre ich plötzlich ein anderer
Mensch. Es wurden auch Witze über
mich gemacht, auch von Fremden. Meine
Familie hat mich unterstützt, das hat mir
sehr geholfen. Uns hat die Situation aber
erst mal allen zu schaffen gemacht und
ich zog in ein Internat, um zur Ruhe zu
kommen und mich selbst zu finden.
Nach dem Abitur war es nicht leicht, eine
Hochschule zu finden, an der ich Journalismus
studieren konnte. Oft hieß es:
“Wir sind gar nicht auf Studenten wie
Sie eingestellt“. Aber schließlich hat es
geklappt. Nach ein paar Jahren im Beruf
mache ich aktuell ein Zweitstudium an
der Freien Journalistenschule in Berlin.
Wichtig für Betroffene ist: Die Erkrankung
LHON ist selten. Aber niemand ist
damit allein. Bei Pro Retina gibt es den
Arbeitskreis LHON, bei dem ich als Leiterin
aktiv bin, und Jörg von de Fenn ist
stellvertretender Leiter. Betroffene haben
die Möglichkeit, sich miteinander auszutauschen,
und erhalten viele Informationen
zu aktuellen Erkenntnissen.
Lesen Sie mehr von Nadine Rokstein und
besuchen Sie ihren Blog unter:
www.stockundstein.blog
FOTO: JÜRGEN MERKENS
#5 Fakten
zu LHON
#1
#2
LHON gehört zu den als selten
eingestuften Erkrankungen.
LHON tritt bei etwa einem von
30.000 bis 50.000 Menschen auf;
jährlich kommen in Deutschland circa
40 Neuerkrankungen hinzu.
#3
Die LHON-Mutation wird ausschließlich
von der Mutter an die
Kinder weitergegeben, ein Vater mit
LHON kann die Erkrankung nicht an
seine Kinder weitergeben.
#4
Einer LHON liegt fast immer eine
entsprechende Genveränderung
in den Mitochondrien zugrunde. Dennoch
erkrankt bei Weitem nicht jeder
mit diesem Defekt zwingend daran.
#5
Die Erkrankung verläuft schmerzlos.
Die Sehprobleme bei LHON
treten relativ plötzlich auf und können
sich innerhalb weniger Wochen bis
hin zu einem bei beiden Augen hochgradigen
Sehverlust entwickeln.
Mehr Informationen finden Sie unter
www.pro-retina.de
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GENOMISCHE MEDIZIN
BEI SELTENEN NETZHAUTERKRANKUNGEN
GenSight Biologics, ein börsennotiertes Biopharma-Unternehmen
aus Frankreich, hat sich auf die Forschungsarbeit an schweren
neurodegenerativen Augenerkrankungen und Erkrankungen
des zentralen Nervensystems spezialisiert. Unser Ziel bei Gen-
Sight ist es, neuartige gentherapeutische Behandlungen für
Patienten mit schweren neuro-ophthalmischen Erkrankungen
zu entdecken, zu entwickeln und verfügbar zu machen.
Hierfür arbeiten wir hart daran, wissenschaftliche Fortschritte
in der Gentherapie in neuartige Behandlungen für Patienten
mit schweren degenerativen Erkrankungen des Auges und des
zentralen Nervensystems umzusetzen. Im Idealfall möchten wir
Patientinnen und Patienten hierdurch innovative Therapieoptionen
zur Wiederherstellung des Sehvermögens und einer
Verbesserung der Lebensqualität ermöglichen.
Unsere Therapieansätze, die sich aktuell in der Entwicklung
befinden und noch nicht als zugelassene Therapien verfügbar
sind, fokussieren sich dabei besonders auf Patientinnen und
Patienten mit Retinitis pigmentosa und Leberscher hereditärer
Optikusneuropathie (LHON) - einer seltenen, vererbten mitochondrialen
Krankheit, die zu einem schnellen und schmerzlosen
Verlust des zentralen Sehvermögens in beiden Augen
führen kann.
A LEADING GENE THERAPY BIOTECHNOLOGY COMPANY
GENSIGHT-BIOLOGICS.COM
Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 7
Große Hoffnung bei Retinitis pigmentosa:
Gentherapie
Durch eine Genmutation hat Tobias die Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa. Er
lebt mit dieser Erkrankung schon seit seiner Geburt. Warum er sich für eine Gentherapie
entschieden hat und wie es ihm heute damit geht, erfahren Sie im Interview.
Text Miriam Rauh
FOTO: PRIVAT
Tobias, wie und wann haben sich die Symptome
der Retinitis pigmentosa bei dir
geäußert?
Als kleines Kind habe ich immer direkt ins Licht
gesehen, das fiel den Ärzten früh auf. Die Diagnose
„Retinitis pigmentosa“ erhielt ich allerdings erst als ich
acht Jahre alt war. An der Augenklinik Essen hatten wir
Professoren gefunden, die diese Erkrankung schon lange
erforschten und die Diagnose stellten.
Das heißt, die Retinitis pigmentosa wurde lange
nicht bei dir erkannt. Kannst du dir erklären,
warum es so lange gedauert hat?
Ich hatte die Erkrankung von Geburt an und kann mich
nicht im Detail an die ersten Jahre erinnern. Was ich
weiß, ist, dass wir lange gesucht haben und in vielen
Kliniken waren, bis wir Augenärzte fanden, die sich mit
der Erkrankung auskannten.
Warum hast du dich für die Gentherapie entschieden?
Es gab keine andere Möglichkeit, ich habe aber erst
mal gezögert. Zum Zeitpunkt des Eingriffs war die
Gentherapie noch nicht freigegeben. Ich war Teil
einer Studiengruppe und kam als Testperson infrage.
Verunsichert hat mich die Sorge vor dem Risiko, vor möglichen
Nebenwirkungen und Komplikationen. Gleichzeitig
wollte ich die Chance wahrnehmen, die sich aus
der neuen Therapiemöglichkeit ergibt, und ich wusste,
dass die Therapie umso besser wirkt, je jünger man ist.
Ich war hin- und hergerissen. Schließlich entschied ich
mich, mit dem Eingriff zu warten, bis ich mein Abitur
habe, und ihn im Anschluss machen zu lassen. Mit dem
Abschluss fand ich mein persönliches Risiko, wenn
etwas schiefgehen sollte, nicht ganz so hoch. Ein weiterer
Vorteil zu warten, war auch, dass ich den Eingriff
in Deutschland machen lassen konnte. Vorher hätte ich
dafür ins Ausland fliegen müssen.
Was waren deine größten Bedenken?
Es gab für mich eine Ungewissheit, da der Eingriff so
neu ist. Ich hatte vorab einen ganzen Katalog mit möglichen
Risiken bekommen und musste mich darauf
einstellen, dass etwas schiefgehen kann. Es dauerte
bis ich sagen konnte: "Okay , ich stehe mit beiden Beinen
fest auf dem Boden, wenn etwas schiefgeht, komme
ich damit klar." Als der Eingriff vorgenommen wurde,
war ich durch den Lockdown ohnehin viel zu Hause,
in meinem vertrauten Umfeld. Das hat mich darin
bestärkt, es zu probieren – zunächst mit einem Auge.
Ich hätte zu Hause Zeit gehabt, mich auf eine Verschlechterung
einzustellen. Gleichzeitig merkte ich,
dass die Erblindung fortschreitet und dass die Hilfsmittel,
die ich zuvor genutzt hatte, nicht mehr so gut
funktionieren. Ich wollte handeln.
Die Gentherapie soll vor allem verhindern, dass die
Sehfunktion abnimmt, und somit auch vor Erblindung
bewahren. Was hat der Eingriff bei dir bewirkt
und was hat sich seither in deinem Alltag verändert?
Durch den Eingriff hat sich bei mir das Sehen verbessert.
Ich wachte aus der Narkose auf und stellte fest, dass
es auf der Seite, bei dem der Eingriff gemacht wurde,
viel heller ist als auf der anderen. Es dauerte eine Weile
bis die Beschwerden nach der Behandlung abgeklungen
waren, aber danach konnte ich auf dem Auge schärfer
sehen, auch Farben sah ich viel deutlicher. Das war
eine große Veränderung zum Positiven. Weil es so gut
geklappt hatte, ließ ich kurz darauf auch das andere
Auge behandeln.
Was würdest du anderen Betroffenen raten?
Der Erfolg des Eingriffs scheint altersabhängig zu sein.
Wenn man sich dafür entscheidet, sollte man möglichst
jung sein, auch sollte die Erkrankung nicht zu weit
fortgeschritten sein. Ich würde den Eingriff so früh
wie möglich machen lassen. Achten sollte man auch
auf Fachkompetenz bei den Operateuren und auf die
Möglichkeit zum Austausch. Durch die Studie hatte ich
persönliche Ansprechpartner, mit denen ich Fragen
klären konnte und die mich auch im Nachgang des
Eingriffs begleitet haben. Das war sehr hilfreich.
Information
Der Selbsthilfeverein PRO RETINA Deutschland e. V. ist mit
bundesweit mehr als 6.500 Mitgliedern in rund 60 Regionalgruppen
die größte und älteste Patientenvereinigung von und für
Menschen mit Netzhauterkrankungen und deren Angehörige.
PRO RETINA unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen nach
dem Leitsatz „Krankheit bewältigen, selbstbestimmt leben“,
fungiert als Bindeglied zwischen Patient und Arzt und unterstützt
die Forschungsförderung, damit neue Therapien entwickelt werden.
www.pro-retina.de
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn (UKB) entstanden.
Gentherapie bei Netzhauterkrankungen:
Große Erfolge
Professor Dr. Frank Holz, Direktor der Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn
(UKB), ist weltweit führender Experte im Bereich Netzhaut- und Makuladegeneration.
Im Interview spricht er über genetische Ursachen von Netzhauterkrankungen und
die Chancen neuer Gentherapien.
Text Miriam Rauh
Prof. Dr. med.
Frank G. Holz
Direktor der Augenklinik
am Universitätsklinikum
Bonn
Herr Professor Holz, was sind mögliche
genetische Ursachen bei
Netzhauterkrankungen?
Für die erblichen Netzhautdegenerationen,
inherited retinal
degenerations (IRDs), spielt eine Vielzahl
von genetischen Ursachen eine Rolle. Man
hat bislang fast 300 Gene identifiziert, bei
denen Mutationen zum Funktionsverlust der
Netzhaut führen können. Die IRDs ist von der
sehr häufigen, altersabhängigen Makuladegeneration
(AMD) zu unterscheiden.
Welche Rolle spielen Gene bei der altersabhängigen
Makuladegeneration?
AMD ist eine multifaktorielle, komplexe Erkrankung,
die meist ab dem Alter von 60 Jahren auftritt.
Auch hier begünstigen genetische Faktoren
den Ausbruch der Erkrankung sowie ihren Verlauf.
Im Gegensatz zu einer IRD, die zu vollständiger
Erblindung führen kann, bleibt bei einer AMD
in der Regel das periphere Sehen erhalten. Ein
weiterer Unterschied ist, dass eine IRD bereits im
Kindesalter auftreten kann.
Wie sehen aktuelle und zukünftige Therapieansätze
aus?
Lange gab es für die Gruppe der IRDs keine
Therapiemöglichkeit. Da ein Fehler des genetischen
Codes vorliegt, war es aber naheliegend,
hier anzusetzen. Mit Hilfe eines harmlosen Virus,
den man als Transportmittel nutzt, wird eine
intakte Nukleinsäure ins Auge eingeschleust. Zellen
der Netzhaut bilden dann funktionstüchtige
Proteine und verhindern so eine Erblindung.
Oft lässt sich sogar eine Verbesserung der Sehkraft
erzielen. Diesen Durchbruch verdanken
wir dem ersten zugelassenen Therapeutikum,
Voretigen Neparvovec, für RPE-65 Mutationen,
die bereits im frühen Alter zu Erblindung führen
können, und zeigt sehr erfolgreiche Ergebnisse.
Was bedeutet der mikrochirurgische Eingriff
für die Patienten?
Der Eingriff erfolgt über ein hochauflösendes,
stereoskopisches Operationsmikroskop über sehr
kleine Zugänge 4 mm vom Hornhautrand entfernt.
Nach Entfernung des Glaskörpers wird die
Lösung mit den viralen Transportvehikeln mit
der Nukleinsäure mittels einer hauchdünnen
Kanüle unter die Netzhaut injiziert und gelangt
so in die Netz-hautzellen. Die Operation als solche
dauert rund 30 bis 45 Minuten, Patient:innen
bleiben für drei Tage in der Klinik. Das zweite
Auge wird meist im Anschluss behandelt.
Was sind die Vorteile der Gentherapie?
Ein anhaltender Effekt lässt sich mit nur einer Behandlung
erzielen. Auch gilt das Verfahren als sehr
sicher und wird in der Regel sehr gut vertragen.
Die Augenklinik am Universitätsklinikum
Bonn (UKB) ist eines von nur drei Zentren
in Deutschland, in denen die einzige
und erste zugelassene Gentherapie bei bestimmter
Form der Netzhautdegeneration
durchgeführt wird. Warum sind es so wenige?
Die Diagnostik im Vorfeld mit Funktions- und
Imaging-untersuchungen, die molekular-genetische
Analyse sowie das Handling der Gentherapie
ist sehr speziell, deswegen sollte sie
in einem Zentrum stattfinden, das über entsprechende
Expertise verfügt. In den Augenkliniken
Bonn, München und Tübingen ist das
der Fall. Wir arbeiten auch sehr eng mit der
Patientenorganisation Pro Retina zusammen, die
bei uns in Bonn eine eigene Ambulanz betreibt,
um Patient:innen zu beraten. Mit dem Universitätsklinikum
Bonn ist zudem ein etabliertes
Zentrum für seltene Erkrankungen vor Ort.
Wie sehen Sie die Zukunft der Gentherapie?
Die Augenheilkunde spielt eine Vorreiterrolle,
auch weil an dem Organ die Gentherapie so gut
durchführbar ist. Aber ich gehe davon aus, dass
sie sich in den kommenden Jahren zur Standard-Therapie
für viele verschiedene Krankheitsbilder
entwickeln wird.
Kontakt:
Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn (UKB)
Ernst-Abbe-Straße 2
53127 Bonn, Deutschland
Tel. +49 0228 / 287 - 15505 (Zentrale)
Fax 0228 / 287 – 14817
Email: [email protected]
Web: www.ukbonn.de/augenklinik
8
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Im Zeitalter der
Gentherapien
FOTO: SHUTTERSTOCK_1773065498
Text Han Steutel
Han Steutel
Präsident des Verbands
der forschenden
Pharma-Unternehmen
(vfa)
Neulich fiel mir ein Zeitschriftenartikel
aus den 1980er-Jahren in die Hände.
Damals war es gerade gelungen, Insulin
für Diabetiker großtechnisch mit
Bakterien herzustellen; denn man hatte gelernt,
wie man einzelligen Organismen das dafür nötige
Gen aus menschlichen Zellen übertragen kann.
Seinerzeit war das ein großer Schritt; heute ist es
geradezu langweilige Routine. Spannend fand ich
aber, dass der Autor seinerzeit schon viel weiter
dachte, nämlich daran, wie viele Krankheiten
sich womöglich wirksam behandeln ließen, wenn
es gelänge, die richtigen Gene auch in die Zellen
von Patientinnen und Patienten einzufügen.
Damals war das Zukunftsmusik, heute leben wir
in der Zeit, in der das wirklich geht. Schon 13
Gentherapien sind in Deutschland verfügbar.
Sechs davon dienen dazu, Erbkrankheiten – also
angeborene Gendefekte – zu behandeln. Mit den
übrigen lassen sich Immunzellen der Betroffenen
fit für das Zerstören bestimmter Tumorzellen
machen. Und das ist nur der Anfang: Rund 40
weitere Gentherapien haben weltweit schon das
letzte Stadium der Erprobung erreicht. Und oftmals
sind sie es, die das Versprechen einlösen,
dass die Pharmaforschung auch für Menschen
arbeitet, an deren Krankheiten weltweit nur
wenige leiden.
Die für die Durchführung von Gentherapien entwickelten
Vektorviren und anderen „Genfähren“
werden zu den Medikamenten gerechnet. Doch
verläuft eine Therapie mit ihnen ganz anders als
man das sonst von Medikamenten gewohnt ist:
Geht alles gut, genügt eine einzige Behandlung
für eine therapeutische Langzeitwirkung – und
das bei chronischen Krankheiten, die man sonst,
wenn überhaupt, nur mit einer Dauermedikation
behandeln kann. Diese neue Situation haben viele
– trotz aller Vordenker seit den 1980er-Jahren
– bislang noch nicht verinnerlicht; und auch unser
Gesundheitswesen ist erst allmählich bereit, neue
Erstattungsmodelle zu erproben, wie es sie für
diese Therapien braucht. Und es wird im
kommenden Jahr für Unternehmen nicht einfacher,
hierzulande neue Gentherapien anzubieten.
Schon 13 Gentherapien
sind in
Deutschland
verfügbar.
Sechs davon
dienen dazu,
Erbkrankheiten
– also angeborene
Gendefekte –
zu behandeln. Mit
den übrigen lassen
sich Immunzellen
der Betroffenen fit
für das Zerstören
bestimmter
Tumorzellen
machen.
Die Regeln für die Nutzenbewertung und
die Preisfindung für neue Medikamente
wurden mit dem kürzlich verabschiedeten
Spargesetz weiter verschärft – und das gerade
auch für solche Mittel, die nicht mit großen
Patientenkollektiven erprobt werden können.
Es bleibt von daher abzuwarten, wie viele
der Gentherapien, die es durch die Zulassung
schaffen, künftig auch in Deutschland zur
Anwendung kommen können.
Auch wirken deutsche Krankenhäuser bislang
wenig an der klinischen Erprobung von Gentherapien
mit. Meist ist der Grund, dass es hierzulande
außergewöhnlich viel Zeit braucht bis eine
Studie wirklich beginnen kann, z. B. wegen langer
Vertragsverhandlungen oder der schwierigen
Klärung von Datenschutzbelangen etc. Das aber
bringt mit sich, dass hierzulande kaum ein
Mediziner schon vor der Zulassung lernt, wie die
Behandlungen durchzuführen sind.
All das sind keine erfreulichen Entwicklungen
für ein Land, das einmal zu den führenden in
der Gentherapieentwicklung zählte. Doch ich
glaube, dass die Einsicht reifen wird, dass Betroffene
zu Recht erwarten können, dass ihnen
medizinisch wichtige Therapien weiterhin zugänglich
gemacht werden. Und ich glaube sogar
daran, dass es Deutschland auch als Entwicklungsstandort
für Gentherapien wieder zu
Weltgeltung bringen kann. Denn dazu bereite
Firmen, Forschungsinstitute und Kliniken gibt es
hier; und die zuständige Arzneimittelbehörde,
das Paul-Ehrlich-Institut, hat viel Kompetenz
aufgebaut, um deren Arbeit konstruktiv zu begleiten.
Auch ist endlich politischer Wille erkennbar,
den Aufbau von Zentren für die Entwicklung
neuer Gen- und Zelltherapien zu fördern,
in denen Industrie und akademische Forschung
zusammenkommen. Aktuell geht hier das Land
Berlin voran. Deutschland könnte also doch
noch international zum Mitgestalter der Ära der
Gentherapien werden.
Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 9
Der Traum von Heilung –
Gentherapie der Hämophilie
„Verkrüppeln, verarmen, verbluten“ hieß früher das Los der Bluter. Heute haben die
Betroffenen dank moderner Therapiemöglichkeiten eine der Normalbevölkerung
vergleichbare Lebenserwartung. Nun weckt die Gentherapie gar Hoffnung auf Heilung.
Text Dr. Anna Griesheimer
FOTO: DR. ANNA GRIESHEIMER, DEUTSCHE
HÄMOPHILIEGESELLSCHAFT
Die Hämophilie, auch Bluterkrankheit
genannt, ist eine Erbkrankheit.
Durch eine Veränderung
auf dem X-Chromosom wird zu wenig
Gerinnungsfaktor gebildet, sodass es
unbehandelt zu lebensbedrohlichen
Blutungen kommen kann. Wiederholte
Gelenkeinblutungen rufen schwere
Schäden am Bewegungsapparat hervor.
Zum Schutz vor Blutungen ist das regelmäßige,
von den Patienten in Selbstbehandlung
vorgenommene Spritzen
von Gerinnungspräparaten Therapiestandard.
Neben der venösen Gabe von
Gerinnungsfaktoren ist bei Hämophilie
A mittlerweile auch die subkutane Gabe
eines bispezifischen Antikörpers möglich.
Weitere Behandlungsansätze sind
in Entwicklung.
Anders als bei manch anderen Erbkrankheiten
stehen bei der Hämophilie also
wirksame Behandlungsverfahren zur
Verfügung, die zwar ein lebenslängliches
Spritzen erfordern, den Betroffenen aber
einen normalen Alltag mit nur wenigen
Einschränkungen ermöglichen. Doch
eines vermag allein die Gentherapie: Sie
verspricht Heilung. „Während der langen
Krankenhausaufenthalte in meiner Kindheit
habe ich immer davon geträumt,
eines Tages von der Hämophilie geheilt
zu werden“, erinnert sich ein älterer Patient.
Nun ist aus der kindlichen Träumerei
eine realistische Hoffnung geworden.
Im Sommer ist das erste Gentherapiepräparat
für erwachsene Hämophilie-A-
Patienten in der EU zugelassen worden.
Weitere werden voraussichtlich in Kürze
folgen (für Hämophilie A wie B).
Das grundsätzliche Prinzip ist, vereinfacht
dargestellt, leicht nachvollziehbar:
Durch eine einmalige Infusion wird mittels
eines Vektors ein Gen in die Leber des
Patienten eingebracht. Das eingebrachte
Gen sorgt dafür, dass in den Leberzellen
der fehlende Gerinnungsfaktor produziert
wird. Ist die Gentherapie erfolgreich,
benötigt der Patient keine Faktorsubstitution
mehr und ist effektiv vor Blutungen
geschützt.
Schluss mit dem lästigen Spritzen,
Schluss mit der Angst vor Blutungen –
das klingt vielversprechend. Doch bei
der Entscheidung für eine Gentherapie
müssen potenzielle Vorteile gegen potenzielle
Risiken und Nebenwirkungen sorgfältig
abgewogen werden. Nach erfolgter
Gentherapie sind persönliche Einschränkungen
und engmaschige Kontrollen notwendig.
Ärzte weisen darauf hin, dass es
häufig zu einer Erhöhung der Leberwerte
kommt und vorübergehend die Gabe von
Medikamenten wie Cortison erforderlich
werden kann. Zu Langzeitnebenwirkungen
und dem eventuell erhöhten Risiko
von Tumorerkrankungen liegen noch
keine belastbaren Daten vor. Wie lange die
Gentherapie wirkt, ist aufgrund fehlender
Langzeitstudien ebenfalls unklar. Der
Aussicht auf ein blutungsfreies Leben
stehen somit verschiedene Risiken und
Ungewissheiten gegenüber – zumindest
nach heutigem Stand. Die Zukunft muss
noch erweisen, ob der Traum von einer
dauerhaften, risikoarmen Heilung tatsächlich
wahr wird.
Ist die
Gentherapie
erfolgreich,
benötigt der
Patient keine
Faktorensubstitution
mehr und ist
effektiv vor
Blutungen
geschützt.
Was ist Hämophilie?
#1
Hämophilie betrifft vor allem
Jungen bzw. Männer.
#2
Die schwere Hämophilie A kommt
mit einer Häufigkeit von 1:5.000 der
männlichen Neugeborenen vor und ist
etwa fünf- bis sechsmal häufiger als die
Hämophilie B.
#3
In Deutschland leben etwa 6.000
Hämophiliepatienten.
#4
Für hämophile Kinder steht eine
Gentherapie bislang nicht zur Verfügung.
#5
Die Deutsche Hämophiliegesellschaft
e. V. informiert als bundesweite
Interessengemeinschaft Betroffene und
Angehörige.
Mehr Informationen finden Sie unter
www.dhg.de
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FRÜHE 1970ER JAHRE
Erste FVIII und FIX-Konzentrate
aus Plasma werden verfügbar *, 1 1997
Zulassung des ersten
rekombinanten FIX-
1999
Erste Gentherapie
in der Hämophilie *, 3 SEIT 2017
Laufende klinische Zulassungsstudien
zur Gentherapie bei
Ersatzpräparates *, 2
Hämophilie *, 4
DIE THERAPIE DER HÄMOPHILIE
HAT SICH SCHRITT FÜR SCHRITT
WEITERENTWICKELT
Erfahren Sie mehr über den wissenschaftlichen Fortschritt
in der Gentherapie unter HaemEvolution.de
Wir arbeiten daran, die Gentherapie für Sie und Ihre Patienten
mit Hämophilie Wirklichkeit werden zu lassen.
* Meilensteine der wissenschaftlichen Community, die nicht spezifisch für die
Hämophilie-Forschungs- und -Entwicklungsprogramme von CSL Behring sind.
1 Morfini M. The history of clotting factor concentrates pharmacokinetics. J Clin Med. 2017;6,35. 2 BeneFIX®-Fachinformation Stand 09/2020. 3 Kay MA et al. Evidence for gene transfer and expression of factor IX in haemophilia B
patients treated with an AAV vector. Nat Genet. 2000;24:257– 61. 4 https://www.clinicaltrials.gov (NCT03370913, NCT03392974, NCT03587116, NCT03876301, NCT03569891, NCT03587116). Letzter Zugriff November 2021.
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10
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FOTO: SHUTTERSTOCK_1891405807
Stärken und Zukunft
des deutschen Biotechnologie-Standorts
Text Dr. Viola Bronsema
Dr. Viola Bronsema
Geschäftsführerin
des Biotechnologie-
Branchenverbands
BIO Deutschland e. V.
FOTO: CAROLINE PITZKE
Nicht erst seit dem Ausbruch
der Pandemie ist die
gesundheitsrelevante, also
medizinische Biotechnologie
in Deutschland sehr
gut aufgestellt. Geforscht
und entwickelt wird in
erstklassigen Universitäten, beispielsweise
der weltweit renommierten Charité oder
der Technischen Universität München, und
Forschungseinrichtungen, wie den Helmholtz-
und Max-Planck-Instituten, und
natürlich in Unternehmen. Rund zwei Drittel
der deutschen Biotechnologie-Unternehmen
haben sich der medizinischen Biotechnologie
verschrieben. Sie forschen z. B. an Therapien
gegen Krebs, Alzheimer oder Autoimmunkrankheiten
wie Rheuma. Ein großer Hoffnungsträger
sind die sogenannten Arzneimittel
für neuartige Therapien (engl. Advanced
Therapy Medicinal Products, ATMP).
Dazu werden Gen- und Zelltherapien gerechnet
sowie Gewebeprodukte. Sie haben
das Potenzial, bisher nicht oder schwer
therapierbare Erkrankungen zu lindern oder
sogar zu heilen. Etliche deutsche Unternehmen
entwickeln ATMP, beispielsweise zur Bekämpfung
von Krebs oder Erbkrankheiten,
wie der Bluterkrankheit.
Auch in der Impfstoff- und Diagnostikaentwicklung
sind deutsche Unternehmen stark.
Das hat die Pandemie gerade sehr eindrücklich
gezeigt. Rund ein Viertel unserer Biotechnologie-Unternehmen
verdienen ihr Geld
zudem mit Dienstleistungen rund um Forschung
und Entwicklung in der Medizin. Als
Produktionsstandort für biotechnologische
Arzneimittel, sogenannte Biopharmazeutika,
war Deutschland sogar lange Zeit nach den
USA Nummer zwei in der Welt, wurde aber
mittlerweile von Südkorea, Irland und der
Schweiz auf Platz fünf verwiesen.
Neben den typischen Biotechnologie-Unternehmen,
die häufig als Ausgründungen aus
Universitäten beginnen, gibt es in Deutschland
außerdem Pharma-Unternehmen, die auch
biotechnologisch forschen und produzieren.
So ist die Bruttowertschöpfung in der medizinischen
Biotechnologie insgesamt in Deutschland
2021 um 12,5 Prozent auf 10,2 Milliarden
Euro gestiegen und hat damit ein neues Allzeithoch
erreicht. Auch die Entwicklung bei
der Zahl der Erwerbstätigen ist positiv. Rund
68.000 Fachkräfte arbeiten in diesem Sektor,
was 6,7 Prozent der Arbeitsplätze in der industriellen
Gesundheitswirtschaft entspricht.
Der Biotechnologie-Standort Deutschland
hat in der Pandemie zweifelsohne gezeigt,
was er leisten kann. In Windeseile wurde ein
Impfstoff entwickelt und sogar ein Produktionswerk
dafür an den Start gebracht. Diese
globale Ausnahmesituation hat aber der Gesellschaft
auch vor Augen geführt, wie wichtig
funktionierende Lieferketten und technologische
Souveränität sind. Biotech-Therapien
haben das Potenzial, die großen gesundheitlichen
Herausforderungen unserer Zeit, wie
Krebs, Demenz, Diabetes und vieles mehr, zu
bewältigen. Um einen starken, unabhängigen
Biotech-Standort zu erhalten, muss Deutschland
allerdings nachbessern. Denn großartige
Forschung alleine reicht nicht aus, um
die Boombranche der medizinischen Biotechnologie
zu fördern, nachhaltig im Land
anzusiedeln und zum Wohl der Gesellschaft
zu nutzen. Wir müssen auch die Rahmenbedingungen
so gestalten, dass Forschungsergebnisse
schnell in die Anwendung kommen,
Unternehmen wachsen können und am
Standort bleiben. Dann hat Deutschland auch
die Chance, zu einem international führenden
Biotechnologie-Standort zu werden, wie es
im Koalitionsvertrag der Ampelregierung zu
lesen steht.
Rund ein
Viertel unserer
Biotechnologie-
Unternehmen
verdienen ihr Geld
mit Dienstleistungen
rund um Forschung
und Entwicklung in
der Medizin.
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Das Prinzip der RNA-Interferenz
Die natürliche RNA-Interferenz, auch RNAi genannt, bezeichnet einen Prozess,
welcher verhindert, dass eine mRNA in ein Protein übersetzt wird. Dieser seit
Urzeiten bestehende, also hochkonservierte Prozess, dient einerseits der
Abwehr von Viren und andererseits der Kontrolle der Genexpression.
Er tritt bei Lebensformen zutage, deren Zellen einen Zellkern besitzen –
Pilze, Pflanzen, Tiere und Menschen.
Text Miriam Rauh
Viren erobern eine Zelle, indem sie ihre
Erbsubstanz in die Zelle einschleusen
und deren Apparate zur Herstellung
von mRNA und im Weiteren zu
Proteinen nutzen. Die verschiedenen
Virusproteine finden dann zusammen
und werden als neue Viren freigesetzt.
Die RNA-Interferenz kann während dieses Prozesses die
virale einzelsträngige RNA der Viren erkennen und beginnt
damit, die virale RNA zu zerstören, da einzelsträngige
RNA nur dann in der Zelle vorliegen sollte, wenn sie
von ihr selbst produziert wurde.
Vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten
Diese natürliche Abwehr kann auch künstlich erzeugt
werden. Passend zu einer bestimmten mRNA, die für
ein Protein kodiert, dessen Produktion man verhindern
möchte, werden künstlich erzeugte sehr kurze RNA-
Stücke (siRNA) in eine Zelle eingeschleust. Dort
läuft daraufhin die RNA-Interferenz ab. Die Translation
des Ziel-Proteins wird verhindert, weil die „Bauanleitung“,
die mRNA, zerstört wird. Mithilfe dieser
Technik lassen sich nicht nur Viren unschädlich
machen, es können auch bestimmte potenziell krankmachende
Gene ausgeschaltet werden. Darüber hinaus
eröffnet das Prinzip der RNA-Interferenz auch vielversprechende
neue Möglichkeiten in der Behandlung
von Krebs.
Große Bedeutung für Wissenschaft und Praxis
Etliche Milliarden Euro wurden von der Pharma- und
Biotech-Industrie in den letzten Jahren in die vergleichsweise
neue Technologie der RNAi investiert. Entsprechend
hoch sind die Erwartungen. Seit 1998 hat sich das
RNAi-Prinzip weltweit in kurzer Zeit als Hilfsmittel etabliert,
um die Genexpression zu unterdrücken. Die große
Bedeutung des Themas für die Wissenschaft wird auch
durch den Nobelpreis unterstrichen, der den beiden
Entdeckern der RNAi, Andrew Fire und Craig Mello, im Jahr
2006 im Bereich Physiologie oder Medizin verliehen wurde.
Dabei geht es nicht allein um den Nutzen der Technologie
für die Forschung. Tatsächlich spiegelt diese nur einen kleinen
Teil des gesamten Potenzials wider. Man sieht in dieser
Technik die Basis für eine neue Medikamentenklasse, die
eine Behandlung vielfältiger Erkrankungen ermöglichen
kann. Der große Vorteil des Prinzips der RNA-Interferenz ist,
dass sich mit ihr alle Proteine adressieren lassen, was beispielsweise
Wirkstoffe aus der Gruppe der kleinen Moleküle
so nicht leisten können. Während also eine große Zahl therapeutisch
interessanter Proteine für die bisherigen Medikamentengruppen
unerreichbar ist, bietet die RNAi die Möglichkeit,
theoretisch jedes beliebige Protein still zu legen.
Krankheiten effektiv bekämpfen
Mit synthetisch hergestellten, kurzen doppelsträngigen
RNAs, den siRNAs, wird im Zellinneren ein enzymatischer
Mechanismus angestoßen, der zum spezifischen
Abbau der gewünschten mRNA führt.
Die RNAi greift also bereits auf der Ebene der mRNA in
die Genexpression ein, sodass die Wirkung an der „Quelle
des Übels“ erfolgt und so die Ursache behandelt werden
kann anstatt zu versuchen, den entstandenen Schaden
zu beheben. Krankheitsverursachende Proteine werden
also gar nicht erst gebildet – ein weiterer Vorteil der
RNAi-Technologie. Hinzu kommt, dass die Zeiträume,
die zur Identifizierung des „Lead“-Moleküls benötigt
werden, bei der RNAi mit drei bis vier Monaten im Vergleich
zu anderen Medikamentengruppen deutlich kürzer
sind. Bei herkömmlichen Medikamenten betragen
diese oft mehrere Jahre. Ein großer und beruhigender
Vorteil der RNAi-Technologie ist zudem, dass sie im
Cytosol stattfindet und nicht im Zellkern. Das Erbgut
wird dabei nicht beeinflusst. Man zerstört sozusagen
lediglich die Kopien der Baupläne für Proteine.
RNA
mRNA
siRNA
Cytosol
Glossar
FOTO: SHUTTERSTOCK_1227791578
Ribonukleinsäure (RNS)
messenger RNA; einzelsträngige
RNA, die genetische
Information für den
Aufbau eines bestimmten
Proteins in einer Zelle überträgt
small interfering RNA;
kleine doppelsträngige RNA
flüssiges Zellmedium, welches
sich außerhalb des Zellkerns
befindet
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der Alnylam Germany GmbH entstanden.
Interview mit Dr. Martin Maier
Text Michaela Müller
Dr. Martin Maier
Senior Vice President
Research, Oncology,
Alnylam Inc.
NP-DEU-00036 11.2022
Welche Rolle spielt Alnylam
in der Entwicklung der
RNAi-Technologie?
Alnylam hat die mit dem Nobelpreis
ausgezeichnete Entdeckung des RNAi-
Mechanismus in die Praxis transferiert
und eine innovative, völlig neue Medikamentenklasse
auf den Markt gebracht.
Dabei spielte die Entwicklung geeigneter
Transportsysteme eine Schlüsselrolle.
Diese ermöglichen es, die sensible siRNA
an den Wirkungsort zu bringen. Zusammen
mit Kooperationspartnern in
Industrie und Forschung gelang es uns,
Lipid-Nanopartikel (LNPs) herzustellen,
welche die siRNAs einkapseln und sicher
im Zellinneren des Zielgewebes abliefern.
Die zweite Methode, die von Alnylam
entwickelt wurde, um siRNAs in ein Gewebe
einzuschleusen, basiert auf der
sogenannten Konjugat-Technologie. Dabei
werden bestimmte Moleküle, sogenannte
Liganden, an die siRNA angehängt.
Die Liganden können nach dem
„Schloss und Schlüssel“-Prinzip an
einen Rezeptor der Zielzelle binden
und damit die siRNA in die Zelle einschleusen.
Unter Verwendung von N-
Acetylgalactosamin(GalNAc)-Liganden
wurde dieses Prinzip zunächst für
den gezielten Transport von siRNA in
Leberzellen entwickelt. Und mittlerweile
sind wir dabei, die Technologie
auf andere Zielgewebe auszuweiten
und Liganden für das zentrale Nervensystem
(ZNS) und das Auge zu entwickeln.
Welche Mission verfolgt das Unternehmen
für die nächsten zehn Jahre
und wo sehen Sie die Zukunft der
RNAi-Technologie?
Seit der Firmengründung im Jahr 2002
hat Alnylam eine Mission: Wir wollen
eine unabhängige biotherapeutische
Firma sein, die richtungsändernde
Therapiemöglichkeiten für Patienten
mit schweren oder ungenügend behandelten
Krankheiten entwickelt. Das
ist uns mit den ersten Medikamenten
für die hereditäre ATTR-Amyloidose
mit Polyneuropathie, die akute hepa-
tische Porphyrie (AHP) und die primäre
Hyperoxalurie Typ 1 (PH1) bereits erfolgreich
gelungen. Dank einer Plattformtechnologie,
die im Prinzip für
die große Mehrzahl an Erkrankungen
mit genetischer Ursache eingesetzt
werden kann, wird die Herausforderung
der nächsten zehn Jahre sein,
diese revolutionäre Technologie für
neue, breitere Anwendungsbereiche,
wie beispielsweise Stoffwechselerkrankungen
sowie zentralnervöse Krankheiten
oder Krebserkrankungen, verfügbar
zu machen. Dies erfordert unter
anderem eine kontinuierliche und intensive
Investition in Forschung und
Entwicklung, die Entwicklung neuer
Systeme für den Transport der Wirkstoffe
außerhalb der Leber und die
Weiterentwicklung der Prozesse zur
Herstellung der komplizierten Moleküle
in größerem Maßstab als bisher möglich.
Da wir mit der RNAi-Technologie
auf die mRNA-Transkripte unseres
gesamten Genoms eingreifen können,
sehe ich ein enormes Entwicklungspotenzial
für die Zukunft.
Helfen. Heilen. Forschen.