Neurologie
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EINE UNABHÄNGIGE KAMPAGNE VON MEDIAPLANET
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NEUROLOGIE
Für mehr Lebensqualität
von Betroffenen und
Angehörigen
NICHT
VERPASSEN:
Multiple Sklerose
Sportmoderatorin
Anna Kraft im Interview
Seite 07
Migräne
Neues aus der Akuttherapie
und Prophylaxe
Seite 08–09
Schlaganfall
Risikofaktor
Vorhofflimmern
Seite 10
Mit Parkinson
mitten im Leben
Arne Peters ist einer von 400.000 Betroffenen in Deutschland. Im Interview
erzählt er uns, wie er durch die Erkrankung zum Schreiben gekommen ist
und warum für ihn eine gesunde Portion Humor wichtig ist.
Frühzeitig
an die subkutane Parkinson-Therapie denken!
Experten-Interview: Lesen Sie mehr auf Seite 5.
D-mine ® Pen und Pumpe
Beratung & Hilfe: www.d-minecare.de
2
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VERANTWORTLICH FÜR DEN
INHALT IN DIESER AUSGABE
Carolin Babel
Wichtig bei einer
neurologischen
Erkrankung ist,
dass sich die
ganze Familie der
Erkrankung stellt.
VERANSTALTUNGSTIPP
Was hält unser Gehirn und
Nervensystem gesund?
Das Gehirn ist nicht nur die Schnittstelle zwischen Körper, Geist
und Seele, es stellt auch die Verbindung zu anderen Menschen her
und verschafft uns Zugang zu der Welt außerhalb von uns.
Vom 25. bis 27. April werden auf dem
Nürnberger Messegelände rund
550 Aussteller mit neuesten Entwicklungen,
Trends, Dienstleistungen
und Produkten für die stationäre und
ambulante Pflegebranche erwartet.
Das diesjährige Motto: „Die Pflege
gestalten. WIR. GEMEINSAM.“
Die ALTENPFLEGE ist für Deutschland
und seine Anrainerstaaten die führende
Veranstaltung der Branche und umfasst
die Themen Pflege & Therapie, Beruf &
Bildung, IT & Management, Ernährung &
Hauswirtschaft, Textil & Hygiene sowie
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Senior Project Manager: Carolin Babel Geschäftsführung:
Richard Båge (CEO), Philipp Colaço (Managing Director),
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Please recycle
Dr. Uwe Meier
1. Vorsitzender
Berufsverband
Deutscher Neurologen
(BDN)
Jeder Mensch hat nur ein Gehirn
und jedes Gehirn ist einzigartig.
Erkrankungen des Gehirns treffen
uns daher immer auch im
Wesenskern. Wir sollten also gut auf
unser Gehirn und unser Nervensystem
aufpassen.
Präventiv können wir einiges tun: eine
gesunde, pflanzen- und ballaststoffreiche
Ernährung, wenig Fertiggerichte
und Industriezucker sowie viel Bewegung.
Auch soziale Kontakte sind wichtig
und Strategien, wie wir mit Stressbelastungen
umgehen. Das klingt so banal
wie einfach. Es ist aber enorm schwer,
weil wir teilweise Gewohnheiten ändern
müssen. Und das mag das Gehirn eigentlich
gar nicht, weil es Energie kostet und
anstrengend ist. Das Gehirn wiegt zwar
nur zwei Prozent des Körpergewichts –
ohne Bauchfett selbstverständlich. Das
Gehirn verbraucht aber bereits so schon
20 Prozent der Energie des Organismus,
in Spitzenzeiten noch viel mehr. Verständlich,
dass das Gehirn bei weiteren
Anforderungen schon mal meckert.
Aber es lohnt sich: Das Gehirn bleibt
biologisch messbar im wahrsten Sinne
des Wortes jünger. Nervenzellen nehmen
mehr Verbindungen untereinander auf,
das Gehirn ist anpassungsfähiger und
flexibler. Also: nicht nur in die Muckibude,
sondern auch neugierig bleiben,
neue Sachen lernen wollen und interessiert
sein.
Das hilft nicht nur, biologisch jung zu
bleiben, es schützt uns auch vor neuro-
Präventiv können
wir einiges tun: eine
gesunde, pflanzenund
ballaststoffreiche
Ernährung, wenig
Fertiggerichte und
Industriezucker
sowie viel Bewegung.
logischen Krankheiten. So haben wir mit
einem gesunden Lebensstil ein bis zu
zwei Drittel geringeres Schlaganfallrisiko.
Immer mehr Studien zeigen eindrucksvoll,
dass wir damit auch dem
Krankheitsrisiko von Demenzen vorbeugen
können. Und bei entzündlichen
Erkrankungen wie Multipler Sklerose
verbessert sich die Prognose deutlich.
Auch wenn wir für immer mehr neurologische
Erkrankungen heutzutage hochwirksame
Therapien zur Verfügung
haben, ist es daher wichtig, dass wir auch
selbst aktiv sind und mit einem gesunden
Lebensstil unser Gehirn schützen.
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Forschung
UNSER BEITRAG
ZUR VERBESSERUNG
DER GESUNDHEIT.
Service
Entwicklung
Innovationen
Zambon – Partner in der
Parkinson-Therapie.
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Solche Kliniken kannte ich
durch meinen Beruf, aber mit
einer Ka mera zwischen mir
und dem Geschehen. Jetzt
gab es keine Kamera, kein
Drehbuch und keinen
Drehschluss; man denkt sich
dann: „Hier gehöre ich doch
eigentlich gar nicht hin.“
AM 11. APRIL
IST WELT-
PARKINSON-TAG!
Das Datum geht auf den Geburtstag
von James Parkinson zurück,
der 1817 erstmals die Krankheit
beschrieb. Aber nicht nur an
diesem Tag, sondern das ganze
Jahr stehen zahlreiche Verbände
beratend zur Seite. Unterstützung
und Austausch finden Betroffene
und Angehörige unter anderem bei
diesen Verbänden:
Hilde-Ulrichs-Stiftung
Mit Parkinson
mitten im Leben
Der Kameramann Arne Peters war erst 44 Jahre alt und stand mitten im Leben, als er die Diagnose
Parkinson erhielt. Seine Erlebnisse mit der Erkrankung hat er in mittlerweile vier Büchern verarbeitet,
die mit viel Charme und einem Augenzwinkern vom Alltag mit Parkinson erzählen. Text Miriam Rauh
FOTOS: PRIVAT
Die Hilde-Ulrichs-Stiftung für
Parkinsonforschung (HUS) mit Sitz
in Frankfurt am Main ist die erste
private Stiftung in Deutschland,
die die Erforschung nicht-medikamentöser
Behandlungsmethoden
sowie die Anpassung von Sportund
Bewegungstherapien an die
Erfordernisse der Erkrankung fördert.
Die an Parkinson erkrankten
Menschen sollen ermutigt werden,
möglichst lange beweglich zu
bleiben und ein selbstbestimmtes
Leben zu führen. Alle zwei Jahre
vergibt die HUS ihren mit 10.000
Euro dotierten Stiftungspreis.
aktive-parkinsonstiftung.de
Herr Peters, Sie erhielten 2009 die
Diagnose Parkinson. Wie sind Sie damit
umgegangen?
Ich lief erst mal stundenlang rastlos
durch Hamburg. Dann rief ich meine
engsten Freunde an und meine Familie.
Erst später habe ich mich überwunden,
mehr Menschen einzuweihen. Zu sehen,
wie toll meine Freunde, Familie und Kollegen
damit umgegangen sind, war eine
sehr schöne Erfahrung.
Die Anfangszeit von Parkinson wird
oft als „Honeymoon“ bezeichnet. Was
bedeutet das? Wie haben Sie diese
Phase erlebt?
Durch die Medikamente verschwinden
die Symptome zunächst ganz, ich hatte
sogar kurz die Hoffnung, die Diagnose
könnte vielleicht ein Irrtum gewesen
sein. Dem ist natürlich nicht so, aber ich
habe meinen Alltag zunächst fast normal
weitergelebt und auch weitergearbeitet.
Sie waren jung, als Sie Ihre Diagnose bekamen.
Welche Rolle spielt das Alter?
Ein Krankengymnast begrüßte mich mal
mit den Worten: „In Ihrem Alter schon
Parkinson ist auch nicht so schön, oder?“
Das fand ich auf den Punkt gebracht.
Nee, das ist nicht so schön. Mit meinen
44 Jahren gehörte ich in der Selbsthilfegruppe
und am Parkinson-Stammtisch zu
den ganz Jungen; ich war aber nicht der
Jüngste.
Gibt es bestimmte Symptome, an denen
sich die Erkrankung schon früh zeigt?
Schlafstörungen oder Riechstörungen
können ein Hinweis auf Parkinson sein.
Bei mir machte sich die Erkrankung
allerdings anders bemerkbar, ich hatte
z. B. plötzlich Schwierigkeiten, meine
Spaghetti zu drehen, auch Zähneputzen
machte mir Probleme. Später wurde ich
häufiger darauf hingewiesen, dass mein
rechter Arm beim Gehen nicht mehr
mitschwingt. Auf La Gomera sprach mich
schließlich ein Passant auf meinen Gang
an. Er hatte selbst Parkinson, das gab mir
zu denken und ich ging zum Arzt.
Sie haben dann begonnen, zu schreiben.
Wie kam es dazu?
Das war im Jahr 2014, als ich das erste Mal
für einige Wochen in einer neurologischen
Klinik war. Solche Kliniken kannte ich durch
meinen Beruf, aber mit einer Kamera
zwischen mir und dem Geschehen. Jetzt
gab es keine Kamera, kein Drehbuch
und keinen Drehschluss; man denkt sich
dann: „Hier gehöre ich doch eigentlich gar
nicht hin.“ Aber es gab auch schöne bzw.
komische Momente. Irgendwann begann
ich, meine Eindrücke, diesen Mix aus
Gefühlen, aufzuschreiben. Eine Freundin
ermutigte mich, sie zu veröffentlichen.
Ihr erstes Buch heißt: „Bloß nicht in
Tüdel kommen“. Für alle, die nicht aus
Norddeutschland sind – können Sie
den Titel übersetzen?
Tüdel bedeutet „durcheinanderkommen“.
Durch die Diagnose kam meine ganze
Lebensplanung durcheinander. Aber „Tüdel“
meint auch kleine Dinge. Wenn man
z. B. in der Reha Geschicklichkeitsspiele
machen soll oder auf einem Wackelkissen
steht, da kommt man auch in Tüdel.
Es blieb nicht bei einem Buch, Sie haben
bereits Ihr viertes veröffentlicht.
Was bedeutet Ihnen das Schreiben
und worum geht es?
Die Reaktionen auf mein erstes Buch
haben mich ermutigt, weiterzuschreiben.
Humor ist dabei ganz wichtig, es soll
keine Leidensgeschichte sein, auch wenn
die Dramatik der Diagnose zwischen den
Zeilen mitschwingt. In meinem vierten
Buch „Tisch 15. Als wäre Moritz dabei
gewesen“ gibt es ebenfalls viele Momente,
die einen zum Schmunzeln bringen.
Es passieren unerwartete, schöne und
rührende Dinge und es ist auch ein Buch
über Freundschaft. Meine Geschichten
sind fiktiv, es ist allerdings auch einiges
dabei, was so oder so ähnlich passiert ist.
Wie geht es Ihnen heute mit der Krankheit?
Ich habe gute und weniger gute Tage. An
guten kann ich ein – zumindest fast – normales
Leben führen. Das für Parkinson typische
Zittern habe ich so gut wie gar nicht,
bei mir sind die Bewegungen verlangsamt,
was sich in schlechten Phasen vor allem
beim Gehen bemerkbar macht. Aber dank
der tollen Arbeit von Ärzten und Therapeuten
und auch dank der Medikamente
kann ich ein relativ gutes Leben führen.
Gibt es etwas, das Ihnen im Alltag besonders
hilft?
Neben den Medikamenten ist Bewegung
sehr wichtig, am besten regelmäßig. Deswegen
sucht man sich am besten einen
Sport, der einem Spaß macht. Ganz frisch
für mich entdeckt habe ich Tischtennisspielen,
ich habe vor einigen Wochen
damit begonnen. Es macht mir wirklich
großen Spaß und es hilft.
Haben Sie einen Rat für andere Betroffene,
vielleicht etwas, das Sie selbst
gerne früher gewusst hätten?
Ich kann nur empfehlen, dass man offen
mit der Erkrankung umgeht. Der
Versuch, sie zu verstecken, kostet nur
unnötig Energie. Es gibt auch keinen
Grund, so zu tun, als wäre alles in
Ordnung, denn das ist es nicht. Man
muss das Beste draus machen.
PARKINSonLINE e.V. ist ein im
Internet tätiger Selbsthilfeverein
für Parkinsonkranke. Die Nutzer
begegnen sich im Forum, in Videochats
und realen Treffen. Hier
stehen Information und Austausch
aus Betroffenenperspektive im
Mittelpunkt, aber auch die Hilfe bei
der Krankheitsbewältigung und
das Aufzeigen von Lebensperspektiven
für Neu- und für langjährig
Erkrankte. Unsere Botschaft:
Auch mit Parkinson kann das
Leben schön sein!
parkins-on-line.de
Jetzt mach doch mal einen Punkt!
Seit unserem Start am 02.02.2020
machen wir genau das. Wir kooperieren
mit Sportvereinen vor Ort,
um Personen mit Parkinson aus
der häuslichen Selbstisolation zum
Tischtennisspielen in die Sporthallen
zu holen. Über 170 (Stütz-)
punkte sind mittlerweile bundesweit
auf unserer interaktiven Karte
zu finden. Vor kurzem konnten wir
das 1000. Mitglied begrüßen. All
das zeigt: Parkinson ist nicht ansteckend
– PingPongParkinson schon!
pingpongparkinson.de
4
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Fortgeschrittenen Parkinson
verstehen und behandeln
Text Anna Derbsch
OFF-Phasen – ein Thema,
das die meisten Parkinson-
Patienten vor allem im
späteren Krankheitsverlauf
betrifft. Worum es sich
dabei handelt und welche
Therapien zur Verfügung
stehen, erfahren wir von
Prof. Dr. med. Georg Ebersbach
im Interview.
Als neurodegenerative Erkrankung
schreitet Parkinson immer weiter voran.
Was passiert dabei im Körper?
Bei der Parkinson-Erkrankung kommt es
zu einer Schädigung von Nervenzellen,
wobei sowohl Störungen des Energiestoffwechsels
als auch die Ablagerung
schädlicher Eiweißpartikel in den Nervenzellen
eine Rolle spielen. Man nimmt
an, dass zuerst Nerven in Nase und
Darm betroffen sind und es von dort zu
einem über Jahre aufsteigenden Prozess
kommt, bei dem auch die sogenannte
schwarze Substanz im Mittelhirn in Mitleidenschaft
gezogen wird. Diese Region
ist eine wichtige Produktionsstätte für
den Botenstoff Dopamin. Der bei Parkinson
auftretende Dopaminmangel führt
zu Bewegungsverarmung und Zittern,
hat aber auch Auswirkungen auf das
psychische Befinden und das vegetative
Nervensystem.
Bei fortgeschrittenem Parkinson
kommt es meist irgendwann zu sogenannten
„OFF-Phasen“. Was versteht
man darunter und wie äußern sich
diese OFF-Phasen bei den Patienten?
Durch Medikamente kann der Ausfall
des körpereigenen Dopamins im Gehirn
teilweise kompensiert werden. Eine wichtige
Rolle spielt dabei der Wirkstoff Levodopa,
der im Gehirn zu Dopamin umgewandelt
wird. Während Levodopa in den ersten
Krankheitsjahren oft sehr gleichmäßig
wirkt, treten im späteren Verlauf meist Wirkungsschwankungen
auf. Patienten geraten
dadurch im Tagesverlauf immer wieder
aus Zuständen mit guter Symptomkontrolle
(ON-Phase) in Zustände mit deutlicher
Zunahme der Symptome (OFF-Phasen).
Dies kann dazu führen, dass mehrfach am
Tag abrupte Wechsel zwischen normaler
Beweglichkeit und schwerster Bewegungsstarre
auftreten.
Gibt es typische Symptome, die eine
OFF-Phase ankündigen?
Viele Betroffene entwickeln im Verlauf
der Behandlung ein Gefühl für die
Wirkungsschwankungen. OFF-Phasen
werden dann schon bei den ersten
Vorboten bemerkt, wie zum Beispiel
Missempfindungen, Unwohlsein oder
Stimmungstiefs.
Welche medikamentösen Therapien
stehen dann zur Verfügung und worin
unterscheiden sich diese?
Bei Wirkungsschwankungen kann die
Wirkdauer von Levodopa durch Begleitmedikamente
verlängert werden. Oft
werden mehrere Substanzklassen kombiniert,
um eine möglichst gleichmäßige
Dopaminstimulation zu erreichen. In
sehr schweren Fällen können auch die
tiefe Hirnstimulation („Hirnschrittmacher“)
oder Infusionspumpen eingesetzt
werden, um Wirkungsschwankungen
auszugleichen. Zusätzlich verwenden
viele Patienten eine Bedarfsmedikation,
mit der sie OFF-Zustände unterbrechen
können. Hierzu zählen in
Wasser gelöstes Levodopa oder die
Injektion des Dopaminersatzstoffes
Apomorphin. Seit letztem Jahr steht
Prof. Dr. med.
Georg Ebersbach
Chefarzt des
Neurologischen
Fachkrankenhauses
für Bewegungsstörungen/
Parkinson Beelitz-
Heilstätten
inhalierbares Levodopa als weitere
Option zur Bedarfsmedikation bei OFF-
Zuständen zur Verfügung. Da inhaliertes
Levodopa direkt von der Lunge in den
Blutkreislauf übertritt, lässt sich oft
ein sehr rascher Eintritt der Wirkung
erreichen.
Kann es bei der Anwendung von
Bedarfsmedikation nicht zur Überdosierung/Fehlgebrauch
kommen?
Ein suchtartiger Gebrauch von Bedarfsmedikation
ist sehr selten und kann
auftreten, wenn Patienten die Wirkung
als euphorisierend erleben. Sehr viel
häufiger passiert es, dass Patienten
OFF-Zustände als extrem unangenehm
erleben und sehr häufigen Gebrauch von
Bedarfsmedikation machen, um das OFF
zu vermeiden. Wenn Patienten sehr häufig
Bedarfsmedikation benötigen, sollte
die Basismedikation angepasst werden.
Sie sind ein starker Befürworter von
Bewegungstherapie bei Parkinson.
Warum sind Sport und Bewegung so
wichtig und was geben Sie Patienten,
insbesondere im fortgeschrittenen
Krankheitsstadium, mit auf den Weg?
Neben den Medikamenten sind die
aktivierenden Therapien wie Physiotherapie,
Logopädie und Sport eine
gleichwertige Säule der Parkinson-Therapie.
Verschiedene Symptome, die sich
durch Medikamente nicht ausreichend
bessern lassen, können durch gezieltes
Training sehr wirkungsvoll angegangen
werden. Nach heutigem Kenntnisstand
lässt sich auch der Krankheitsverlauf bei
der Parkinson-Erkrankung durch
intensives und regelmäßiges Training
beeinflussen. Außerdem verschaffen
Sport und Bewegung den Betroffenen
die Erfahrung, dass sie ihrer Erkrankung
selbst wirksam entgegentreten können
und ihr nicht hilflos ausgeliefert sind.
Aktives Leben trotz
Morbus Parkinson
Morbus Parkinson, auch Parkinson-Krankheit genannt, ist
eine chronische neurodegenerative Erkrankung, von der in
Deutschland circa 400.000 Menschen betroffen sind. 1 Auch
wenn die Erkrankung bislang nicht heilbar ist, so ist sie in
den meisten Fällen jedoch gut behandelbar. Mit individuell
angepassten Therapieoptionen kann die Lebensqualität der
Betroffenen oft über einen langen Zeitraum erhalten werden.
Text Verena van Elst
EVGENY ATAMANENKO/SHUTTERSTOCK
Meist wird Parkinson nach
dem 50. Lebensjahr
diagnostiziert, wobei die
Häufigkeit mit zunehmendem
Alter steigt. 2 Männer sind häufiger
betroffen als Frauen. Typisch für
Morbus Parkinson sind Bewegungsstörungen
wie verlangsamte Bewegungen,
Zittern, Muskelsteifheit und Störungen
des Gleichgewichts. Ursache der
Symptome ist der Verlust von Nervenzellen
im Hirnstamm – und ein damit
einhergehender Mangel des Botenstoffs
Dopamin. Für die Betroffenen sind die
zunehmenden Einschränkungen im
alltäglichen Leben eine große Belastung,
allerdings können Symptome und
Krankheitsverlauf von Patient:in zu
Patient:in stark variieren.
Zwischen Honeymoon- und
OFF-Phasen
In der ersten Phase der Erkrankung, der
sogenannten „Honeymoon-Phase“,
kann man mit geeigneten Medikamenten
die Symptome oft gänzlich unter
Kontrolle bringen. Im Verlauf der
Erkrankung treten jedoch vermehrt
sogenannte „OFF-Phasen“ auf, die oft
mit einer plötzlichen kompletten
Bewegungsunfähigkeit verbunden sind.
Aus Angst vor den OFF-Phasen ziehen
sich viele Parkinson-Patient:innen
immer mehr zurück und meiden
Aktivitäten. Mittlerweile stehen aber
zur Überbrückung dieser OFF-Phasen
verschiedene Therapieoptionen zur
Verfügung, die On- Demand, also nach
Bedarf, eingesetzt werden können.
Darreichungsformen, die den Magen-
Darm-Trakt umgehen, wie z. B. Medikamente
zum Inhalieren oder Spritzen,
MORBUS PARKINSON
Die Diagnose Morbus Parkinson
stellt Betroffene, aber auch deren
Angehörige vor große Herausforderungen.
Patient:innen können aber
aktiv mitwirken, das Fortschreiten der
Erkrankung zu verlangsamen. Sich
über die Krankheit zu informieren
oder sich mit anderen Betroffenen
auszutauschen, ist dabei ein wichtiger
Schritt. Ausführliche Informationen,
Tipps für Alltagshilfen und Anlaufstellen
finden sich auf:
www.aktiv-mit-parkinson.de
wirken dabei besonders schnell.
Insgesamt gilt auch bei Parkinson:
Bewegung und Aktivitäten sind wichtig
und sollten nicht vernachlässigt
werden. Daher werden inzwischen
immer mehr unterstützende Begleittherapien
wie Physio-, Ergooder
Sprachtherapien angeboten.
Mit freundlicher Unterstützung der
Esteve Pharmaceuticals GmbH.
1) https://dgkn.de/neurophysiologie/der-ueberblick/
morbus-parkinson
2) Heinzel S. et al Front Neurol 2018;9:500
2023-PARK-012
Das Thema Integrierte Gesundheitsversorgung ist im gesundheitspolitischen
Umfeld im Fokus vieler Gesetzgebungen.
Doch funktioniert sie in der Realität? In der Indikation
Parkinson wird seit einigen Jahren mit sogenannten Parkinson-
Netzwerken ein neuer Ansatz verfolgt – aus der Versorgung
kommend und den Patienten in den Mittelpunkt stellend.
Eine der größten Herausforderungen
des deutschen Gesundheitswesens
ist seit jeher der unzureichende
Austausch zwischen
verschiedenen Gesundheitssektoren und
Fachdisziplinen. So besteht im normalen
Versorgungsalltag beispielsweise kaum
Interaktion zwischen Ärzten und Therapeuten.
Gerade bei der Parkinson-Krankheit
erfordert die komplexe Kombination
aus motorischen und nicht-motorischen
Symptomen eine regelhafte Mitbetreuung
von Spezialisten und zahlreichen
ambulanten und stationären Versorgenden.
Für eine optimale Unterstützung ist
ein interdisziplinärer Versorgungsansatz
notwendig, der die individuellen Bedürfnisse
sowie die Vielschichtigkeit der
Erkrankung berücksichtigt.
Für die Parkinson-Krankheit haben
sich in den letzten Jahren in Deutschland
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 5
Parkinson-Netzwerke:
Für die Verbesserung der Lebensqualität von
Parkinson-Betroffenen und deren Angehörigen
Text Carina Lummer, Tobias Warnecke, Carsten Eggers, Lars Tönges
vermehrt regionale Parkinson-Netzwerke
gegründet. Inzwischen gibt es in Deutschland
über 15 Netzwerke. Diese entstehen
meist auf die Initiative von Ärzten oder
Therapeuten in der jeweiligen Region.
Ziel der Netzwerke ist es, die Lebensqualität
von Betroffenen und deren Angehörigen
langfristig zu verbessern.
Dies setzen die Netzwerke um, indem
sie alle an der Versorgung von Parkinson-Patienten
beteiligten Akteure an
einen gemeinsamen Tisch holen. Hierzu
zählen Kliniken, Neurologen, Allgemeinmediziner,
Physiotherapeuten, Ergotherapeuten,
Logopäden, Psychotherapeuten,
Parkinson-Nurses, Patienten
und Selbsthilfegruppen, Angehörige,
Apotheken, Sanitätshäuser und Psychologen.
Jeder dieser Versorgenden erlebt
ein anderes Puzzleteil des Krankheitsbildes
und der Symptomatik des Patienten.
Nur indem diese Akteure miteinander
kommunizieren und sich gegenseitig
ihre täglichen Herausforderungen mitteilen,
kann Versorgung nachhaltig verbessert
werden. Ein wesentliches Kernelement
ist hierbei die Kommunikation
auf Augenhöhe. Gemeinsam entwickeln
die Versorgenden dann Maßnahmen für
ihre jeweilige Region, mit welchen den
definierten Versorgungslücken entgegengewirkt
werden kann.
Beispielsweise hat die Region Münsterland/Osnabrück
die spezifische Verordnung
aktivierender Therapien, also
Ergo- und Physiotherapie und Logopädie,
mit dem sogenannten Quickcard-Modell
umgesetzt. Um über den zielgerichteten
Einsatz dieser Therapien aufzuklären,
wurden entsprechende Schulungsmodule
entwickelt. Eine Quickcard ist eine
physische Karte, die über den Patienten
sowohl dem Arzt als auch dem Therapeuten
bei jedem Termin vorgelegt wird.
Prof. Dr.
Tobias Warnecke
Chefarzt der
Neurologie, Klinikum
Osnabrück
Initiator und Sprecher
der Parkinsonnetze
Münsterland+ und
Osnabrück+
Auf der Quickcard sind symptomorientierte
Handlungsempfehlungen hinterlegt.
Zudem könnten Arzt und Therapeut über
die Quickcard kommunizieren. Durch das
Innovationsfondsprojekt ParkinsonAKTIV
wird es Versorgenden in Zukunft möglich
sein, die Karten auch digital über eine elektronische
Plattform auszutauschen.
Die Quickcards werden derzeit in
vielen weiteren Netzwerken in Deutschland
regionsspezifisch weiterentwickelt.
Auch der Austausch zwischen den verschiedenen
Netzwerken ist ein großer
Mehrwert dieser Arbeit. Daher hat sich
im letzten Jahr das Parkinson-Netzwerk
Deutschland gegründet, das die lokalen
Aktivitäten unterstützt und auch übergreifende
Strukturen aufbaut. So soll die
Netzwerkversorgung möglichst flächendeckend
ausgerollt werden.
Parkinson-Netzwerke führen so durch
den gesteigerten Austausch zwischen
den Akteuren zu einem individualisierten
und auf die spezifischen regionalen
Versorgungsherausforderungen ausgerichteten
Behandlungsansatz. Ein in
Deutschland noch nicht fest verankertes,
aber in den Netzwerken vorangetriebenes
Thema ist das Patient Empowerment, das
heißt, Patienten und Angehörige sollen
in die Lage versetzt werden, ihre Therapieprozesse
aktiv zu begleiten und,
soweit möglich, auch zu steuern.
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit EVER PHARMA GMBH entstanden.
Parkinson:
Therapien für mehr
Lebensqualität
Mit der optimalen Behandlung
werden Begleiterscheinungen von
Parkinson gemindert, die Lebensqualität
wird erhöht. Frau PD Dr.
med. Katja Odin, Parkinson-Expertin
und Chefärztin an der Helios
Albert-Schweitzer-Klinik Northeim,
berichtet über mögliche Behandlungsergänzungen
im Verlauf der
Erkrankung.
Text Miriam Rauh
Frau Dr. Odin, viele Parkinson-Patienten
bemerken auch unter oraler Medikation
im Laufe der Zeit Veränderungen.
Welche Symptome beschreiben
die Betroffenen?
Wenn die Wirkung der Medikamente
nicht mehr bis zum nächsten Einnahmezeitpunkt
reicht, spüren Patienten, dass
die Erkrankung fortschreitet. Sie haben
dann weniger Dopamin zur Verfügung.
Die Bewegungen verlangsamen sich, der
Gang wird unsicherer, die Feinmotorik
leidet und auch der Tremor, sofern vorhanden,
nimmt zu.
Neben motorischen Symptomen zeigen
viele Patienten auch nicht-motorische
Symptome. Hierzu gehören Beschwerden
wie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen,
Probleme beim Stuhlgang
oder dass sie das Wasser nicht mehr so
gut halten können. All dies verstärkt sich,
wenn die Erkrankung fortschreitet.
Wie helfen Fragebögen zur Erfassung
von Symptomen und der Zeit ihres
Auftretens bei der Optimierung der
Medikation? Und welchen Mehrwert
haben Bewegungssensoren?
Ein Besuch beim Arzt ist immer eine
Momentaufnahme. Vielleicht haben
Patienten gerade ihre Medikamente
genommen und zeigen deswegen keine
oder weniger Symptome. Über den Tag
verteilt ergibt sich jedoch gegebenenfalls
ein anderes Bild, das man im Rahmen
der Untersuchung nicht erfassen kann.
Gute Fragebögen können bei der Einschätzung
des Zustands sehr hilfreich
sein. Man setzt sie ein, wenn Patienten
eine Wirkfluktuation spüren, das heißt,
wenn die Wirksamkeit ihrer Medikation
abnimmt. Patienten können diese Fragebögen
selbst ausfüllen oder jemanden
bitten, das für sie zu tun. Fragebögen
sind auch hilfreich, um einen Überblick
PD Dr. med.
Katja Odin
Chefärztin Neurologie
der Helios Albert-
Schweitzer-Klinik
Northeim
zu bekommen, welche nicht-motorischen
Symptome vorhanden sind.
Auch handliche, tragbare Sensoren,
die die tägliche Bewegung des Patienten
dokumentieren, können hier helfen.
Man sollte darauf achten, dass sie zertifiziert
sind, damit man valide Werte
bekommt. Die Sensoren erlauben eine
Gesamtbeurteilung des Patienten, da sie
wichtige motorische Parameter objektiv
erfassen. Die Informationen können
Ärzte unterstützen, die Medikation zu
optimieren und so die Lebensqualität
der Patienten zu verbessern.
Wann ist über die Medikation hinaus
eine Behandlungsergänzung wie z. B.
eine Therapie mit einem Apomorphin-
Pen erforderlich? Welchen Nutzen
sehen Sie in dieser Bedarfstherapie?
Im Verlauf der Erkrankung lässt die
Wirksamkeit der Medikamente häufig
nach, sodass die Einnahmeintervalle
verkürzt werden müssen. Das ist bei
manchen Patienten später der Fall, bei
anderen früher. Wir haben dann verschiedene
Optionen. Zum einen gibt es
bei Bedarf Levodopa in flüssiger oder
inhalativer Form, der Apomorphin-Pen
wiederum appliziert Apomorphin in die
Haut. Alle Methoden haben ihre Vorteile.
Bei der Applikation in die Haut wird
die Magen-Darm-Passage umgangen;
das bietet sich vor allem bei Patienten
mit Beschwerden im Magen-Darm-Trakt
an. Der Effekt ist auch schneller. Für
andere Patienten kann die orale Form
der Einnahme angenehmer sein, auch
ist der Wirkstoff ein anderer.
Wann sollte die Therapieoption
mit einer Medikamentenpumpe in
Erwägung gezogen werden?
Der Vorteil der Pumpentherapie ist die
kontinuierliche Gabe des Medikaments.
Wenn der Patient trotz fünf Gaben
Levodopa täglich wiederholte Perioden
mit schlechtem Medikamenteneffekt
hat, zieht man eine Pumpe in Betracht.
Ein früher Einsatz kann empfehlenswert
sein, um Lebensqualität zu erhalten.
Die Apomorphin-Pumpe appliziert
den Wirkstoff unter die Haut und kann
kurzzeitig abgenommen werden, z. B.
wenn man schwimmen oder in die Sauna
gehen möchte. Eine andere Variante ist
die Levodopa-Pumpe, die oft für ältere
Patienten gut geeignet ist. Hier wird der
Wirkstoff direkt in den Darm abgegeben,
wofür ein minimaler Eingriff in kurzer
Narkose nötig ist.
Welche Vorteile sehen Sie durch
eine kontinuierliche Gabe des Medikaments?
Parkinson trifft nicht nur ältere Menschen,
sondern auch viele Jüngere, die
mitten im Leben stehen. Mit der
kontinuierlichen Medikamentengabe
hat der Patient einen kontinuierlichen
Effekt der Medikation und weniger Zeit
pro Tag mit entweder zu wenig oder zu
viel Medikamentenwirkung. Das ist
bestenfalls auch förderlich gegen
Begleiterscheinungen wie Fehlbelastung
von Gelenken, Arthrose, Bluthochdruck
oder Diabetes. Auch die anfangs
beschriebenen nicht-motorischen
Symptome wie Schlafstörungen,
Stimmungsschwankungen oder Probleme
beim Wasserlassen können eventuell
verbessert werden. Die Patienten bleiben
länger mobil, haben weniger Folgeerkrankungen
und eine höhere Lebensqualität
– was sehr wichtig ist.
Weitere Informationen unter
d-minecare.de
6
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FOTO: PETER NEHER
Demenz trifft
die ganze Familie
Dr. Sarah Straub ist Autorin, Liedermacherin und Psychologin.
In ihrem beruflichen Alltag beschäftigt sie sich
tagtäglich mit an Demenz erkrankten Personen. Warum
sie sich für diesen Beruf entschied und warum sie insbesondere
pflegende Angehörige stärken möchte, erzählt
sie uns im Interview. Text Miriam Rauh
Frau Dr. Straub, Ihre Großmutter ist an
Demenz erkrankt, als Sie 20 Jahre alt
waren. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Ich habe meine Großmutter über alles
geliebt und stand ihr sehr nah. So hat ihre
schwere Demenz nicht nur ihr, sondern
auch mein Leben grundlegend verändert.
Ich wollte für sie da sein, ihr auch mit ihrer
Demenz ein gutes Leben ermöglichen
und sie selbst pflegen. Doch als pflegende
Angehörige war ich, ohne Wissen über die
Erkrankung, oft überfordert.
Heute sind Sie Psychologin, Liedermacherin
und Autorin. Hat der private
Umgang mit Demenz Sie in Ihrem
beruflichen Werdegang beeinflusst?
Ich wusste schon als Kind, dass ich Sängerin
und Liedermacherin werden wollte
und tat alles dafür. Die Demenzerkrankung
meiner Großmutter führte allerdings dazu,
dass parallel auch das Thema Demenz zu
meinem Lebensmittelpunkt wurde. Nach
meinen schmerzhaften Erfahrungen als
pflegende Angehörige beschloss ich, mich
dafür einzusetzen, dass andere betroffene
Familien nicht dasselbe erleben müssen
wie ich zuvor. Ich ging neben meiner Arbeit
als Musikerin in die Demenzforschung,
promovierte über das Thema und begleite
seitdem Demenzpatienten und ihre Angehörigen
durch die Erkrankung.
In Ihrem Buch „Wie meine Großmutter
ihr ICH verlor“, das 2021 erschien,
erzählen Sie von Ihrer Erfahrung und
geben Angehörigen Tipps. Was war
ausschlaggebend für Sie, zu schreiben?
Vielen von Demenz betroffenen Familien
geht es leider genauso wie mir damals,
als meine Großmutter erkrankt war. Die
Menschen, die mich in meiner Gedächtnissprechstunde
am Universitätsklinikum
Ulm aufsuchen, mich auf meinen
Konzerten ansprechen oder mir Mails
schreiben, fühlen sich häufig alleingelassen
und überfordert. So wurde es zu einer
Herzensangelegenheit, all das aufzuschreiben,
was ich für wichtig erachte,
damit sich nahestehende Personen von
Menschen mit Demenz gut informiert
und vor allem gut vorbereitet fühlen für
ein Leben mit dieser Erkrankung.
Welchen Rat haben Sie für Angehörige,
die vermuten, dass ein Familienmitglied
an Demenz erkrankt ist?
Gibt es eindeutige Hinweise?
Wir alle vergessen mal etwas, das ist noch
kein Grund zur Panik. Dennoch verständlich,
dass wir ab einem gewissen Alter hellhörig
werden in solchen Situationen – weil
die häufigste Demenzform, die Alzheimer-
Demenz, eben meist genau mit solchen Gedächtnisstörungen
beginnt. Hinweise auf
einen demenziellen Prozess ergeben sich,
wenn die beobachteten Defizite mindestens
sechs Monate bestehen, schleichend
begonnen haben und in ihrem Ausmaß
zunehmen. Außerdem beeinträchtigen
diese Veränderungen mit der Zeit auch
eigentlich routinierte Alltagsaktivitäten.
Dann wird es Zeit, einen Arzt aufzusuchen.
Ich möchte jedoch nicht unerwähnt lassen,
dass eine Demenz auch mit ganz anderen
Symptomen beginnen kann: mit Verhaltensauffälligkeiten,
einer Wesensänderung
oder Sprachstörungen beispielsweise.
Demenz hat viele Gesichter und betrifft
nicht nur hochbetagte Menschen. Es ist
wichtig, dass wir auch für solche selteneren
Demenzformen sensibilisiert werden, und
da hilft es, wenn betroffene berühmte Persönlichkeiten
damit an die Öffentlichkeit
gehen. Zurzeit erleben wir das am Beispiel
des Schauspielers Bruce Willis, der an einer
frontotemporalen Demenz leidet.
Wie und wo sollte eine Diagnose gestellt
werden? Was sollten Angehörige
dabei beachten?
Die Diagnose sollte unbedingt von einem
Facharzt, einem Neurologen oder Psychiater,
im Idealfall vielleicht sogar in einer
spezialisierten Gedächtnissprechstunde
gestellt werden. Angehörige sollten unbedingt
auf eine differenzierte Einordnung
bestehen, einschließlich MRT, einer
ausführlichen neuropsychologischen
Testung sowie verschiedenster Laboranalysen
aus Blut und Nervenwasser.
Gibt es Therapiemöglichkeiten für
Demenz? Was ist aus Ihrer Sicht für
Betroffene besonders wichtig?
Es gibt noch keine Medikamente, welche
die Erkrankung stoppen oder gar heilen
könnten. Aber die Betroffenen können
mithilfe verschiedenster nicht-medikamentöser
Therapien den Abbauprozess
nachweislich verlangsamen. Einer Demenz
muss man aktiv und mutig entgegentreten,
um Ressourcen zu stärken und
Fähigkeiten zu stabilisieren. Dies gelingt
beispielsweise mit Ergo- oder Logopädie,
aber auch vielen weiteren Therapieformen.
Außerdem ist es auch für einen
gesunden Lebensstil nie zu spät.
Ihr neues Buch heißt „Wohlfühlküche
bei Demenz“. Was war Ihre Intention
beim Schreiben? Welche Rolle spielt
das Essen bzw. die Ernährung für
Demenzkranke?
Das Essverhalten von Menschen mit
Demenz ändert sich auf vielfältige Weise.
Beispielsweise essen manche Betroffene
grundsätzlich zu wenig, andere wollen nur
noch Süßes, bei so manchem erschweren
Schluckstörungen das Essen, oder eine
belastende innere Unruhe verhindert,
überhaupt am Tisch zu sitzen. Mein Buch
soll von Demenz betroffene Familien
stärken, das gemeinsame Essen als
Genussmomente zu erleben. Hierfür
gehen die zusammengestellten Gerichte
auf unterschiedliche Bedürfnisse der
Patienten ein, sind aber für die ganze
Familie lecker und fördern so die Teilhabe
der Betroffenen am Familienleben.
Lesen Sie das ganze Interview unter
gesunder-koerper.info
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Aufgeben ist keine Option
MS entmystifizieren
Anna Kraft ist erfolgreiche Sportmoderatorin, als sie wie aus heiterem Himmel die Diagnose trifft: Multiple Sklerose (MS).
Doch sie lässt sich von der Krankheit nicht einschüchtern, lebt ihr Leben und blickt positiv in die Zukunft. Mittlerweile
spricht Anna Kraft öffentlich über MS und macht damit auch vielen anderen Betroffenen Mut. Text Miriam Rauh
Frau Kraft, im Jahr 2015 wurde bei Ihnen eine Multiple
Sklerose diagnostiziert. Wie kam es dazu?
Ich saß beim Friseur, als mein Bein einschlief und sehr
unangenehm kribbelte; es wurde auch nicht besser,
als ich zum Auto ging. Zu Hause nahm ich erst mal
eine heiße Dusche. Ich dachte, ich hätte mir einen
Nerv eingeklemmt, aber ich spürte auf einer Seite das
warme Wasser nicht. Das fand ich seltsam. Weil ich am
nächsten Tag für einen Dreh fit sein wollte und kein
Orthopäde aufhatte, fuhr ich ins Krankenhaus. Zwölf
Stunden später hatte ich die Diagnose: Multiple Sklerose.
Ich blieb dann fast zwei Wochen in der Klinik.
Was wussten Sie bis zu diesem Zeitpunkt über
die Erkrankung?
Von MS hatte ich vorher nie etwas gehört. Die Ärztin
klärte mich auf, dass es eine Autoimmunerkrankung
ist, die man heute gut behandeln kann, aber ich war
zunächst völlig überfordert. Meine Ohren rauschten,
ich hörte kaum, was sie sagte. Noch mehr schockierte
mich allerdings das Bild auf der Broschüre, die
ich in die Hand gedrückt bekam. Auf dem Cover war
ein Rollstuhl, das hat mich richtig erschlagen. Ich
war 30, hatte Leistungssport gemacht – das Bild vom
Rollstuhl hat sich mir eingebrannt.
Haben Sie sich medizinisch aufgefangen gefühlt?
Je länger ich mich mit Fachinformationen beschäftigte,
desto besser wurde es; auch mein behandelnder
Arzt hat mich gut aufgeklärt. Zum Glück
gibt es seit zehn Jahren wirksame Medikamente,
sodass man mit der Diagnose nicht automatisch
im Rollstuhl landet. Sehr geholfen haben mir auch
die Gespräche mit Prof. Dr. Hemmer vom Klinikum
rechts der Isar. Er befasst sich jeden Tag mit dieser
Krankheit und ist Experte – das gab mir das Vertrauen,
mich sofort auf die Therapie einzulassen. Nach
einem Jahr waren die Medikamente bei mir gut eingestellt
und ich habe gelernt, mit der MS zu leben.
Sie sind mit Ihrer Erkrankung an die Öffentlichkeit
gegangen. Was war ausschlaggebend dafür?
„Warum ich?“, diese Frage stellt man sich anfangs.
Aber darauf gibt es keine Antwort. Und dann geht
es darum, mit dem ungebetenen Gast, der jetzt im
Wohnzimmer sitzt, umzugehen. Ich wollte einfach
mein Leben leben, weitermachen, auch in meinem
Job. Erst 2021 habe ich meinem Arbeitgeber und
meinen Kollegen von der MS erzählt. Es hat gedauert,
bis ich alles verarbeitet hatte und selbst wusste,
was die Diagnose für mich bedeutet.
In der MS-Forschung hat sich in den letzten
Jahren viel getan. Haben Sie die MS mit Medikamenten
unter Kontrolle?
Anfangs war ich monatlich im Krankenhaus, jetzt nur
noch zweimal im Jahr. Bei den Medikamenten hat sich
tatsächlich in den letzten zehn Jahren sehr viel getan,
es gibt große medizinische Fortschritte. Vielleicht auch
deswegen, weil es zunehmend mehr Erkrankte gibt.
Über die Ursachen weiß man bis heute wenig.
In den Jahren 2018 und 2020 kamen Ihre Töchter
zur Welt. Wie haben sich die Schwangerschaften
auf Ihre Krankheit ausgewirkt?
Sehr positiv! Während meiner Schwangerschaft hatte
ich auch keine Fatigue. Ich kämpfte mit Übelkeit
wie andere Schwangere auch, nicht mit den Symptomen
der MS. Es ging mir fantastisch. Ich konnte
auch meine Medikamente absetzen, als der Körper
seinen Eigenschutz durch die Schwangerschaft aufgebaut
hatte. Nach der Geburt habe ich allerdings
recht zügig wieder mit den Medikamenten angefangen,
damit kein Schub kommt.
Sie sind sehr sportlich, beruflich erfolgreich und
eine echte Powermama. Wie gehen Sie mit der
Fatigue um?
Fatigue macht mir im Alltag schon zu schaffen und
schränkt mich ein, sogar nach zwölf Stunden Schlaf.
Leider lässt sich Fatigue weder mit Kaffee noch mit Vitamin
D beseitigen. Damit ich keine Migräne bekomme,
räume ich mir Pausen ein und gehe früh schlafen.
Sie leben Ihr Leben und blicken positiv in die Zukunft.
Damit sind Sie ein Vorbild für viele. Haben
Sie einen Rat für andere Betroffene?
Ich finde es wichtig, Multiple Sklerose zu entmystifizieren
und offen mit der Erkrankung umzugehen.
Man kann sie nicht wegschieben, sie gehört zum
Leben und es gibt heute gute Medikamente.
Aufgeben ist keine Option!
FOTO: DIRK SPATH
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der AYUS MEDICAL GROUP AG entstanden.
Blutplasmareinigung eröffnet
neue Therapie-Optionen
Multiple Sklerose stellt die verbreitetste autoimmun bedingte, chronisch-entzündliche Erkrankung
des zentralen Nervensystems dar. Die Ursachen sind bis heute noch nicht geklärt. Allerdings spielt
das Abwehrsystem des Körpers, das Immunsystem, eine zentrale Rolle. Eine Fehlsteuerung innerhalb
des Immunsystems löst die Bildung von relevanten Abwehrelementen die am Myelin, den Nervenzellen
und ihren Nervenfasern, Schädigungen und Störungen verursachen können. Text Anna Derbsch
Im Interview sprechen wir mit Dr. Anton
Ilin, Facharzt für Anästhesiologie und
leitender Arzt im Ayus INUSpherese
Zentrum Basel, über das Behandlungsverfahren
der INUSpherese®, einer
Doppel-Membran-Filtration und warum
diese für MS Patienten eine echte Option
sein kann.
Die INUSpherese®, umgangssprachlich
auch „Blutwäsche“ genannt, ist
ein auf der anerkannten Apherese-
Therapie basierendes und seit 2009
weiter entwickeltes Behandlungsverfahren,
das bei verschiedenen chronischen
Erkrankungen zum Einsatz
Dr. Anton Ilin
Facharzt für
Anästhesiologie und
leitender Arzt im
Ayus INUSpherese
Zentrum Basel
kommt. Was kann man sich unter
dieser Methode vorstellen?
Die Filtrationstherapie nutzt zwei Filter,
um das Blut zu reinigen. Der erste Filter
trennt feste Bestandteile vom Plasma.
Im zweiten Filter wird das Plasma durch
die spezielle Membran TKM 58 geleitet.
Diese Membran erkennt pathogene Stoffe
aufgrund von Gewichts-, Größen- und
Formunterschieden und filtert sie
heraus. Die Wirksamkeit der Filtration
ist abhängig von der Oberfläche der
Membran sowie der Größe der Poren, die
festlegen, welche Stoffe und in welchem
Umfang sie herausgefiltert werden.
Warum ist sie für MS Patienten eine
echte Option?
Die INUSpherese®-Therapie ist vielversprechend
für MS-Patienten, da sie
bekannte Faktoren wie Entzündungsmediatoren,
Antikörper und proinflammatorische
Zytokine effektiv herausfiltert.
Sie reduziert auch zirkulierende Immunkomplexe,
die degenerative Prozesse
auslösen können. Die Therapie reduziert
auch toxische Substanzen, optimiert
die Mikrozirkulation und verbessert die
Sauerstoffversorgung, um degenerative
Schäden zu verlangsamen. Optional
können während der Therapie spezifische
Medikamente in den Blutkreislauf
von MS-Patienten eingebunden werden.
Wie läuft die Behandlung konkret ab
und wann stellen sich Erfolge ein?
Die INUSpherese®-Therapie ist schonend
und schmerzarm. Zwei Infusionsleitungen
werden in die Armbeugen gelegt und das
Blut durchläuft ein Einweg-Filtersystem,
das es einmal komplett filtert. Es handelt
sich nicht um einen Plasmaaustausch und
es gehen keine Elektrolyte oder Immunkörper
verloren. Es ist keine Zufuhr von Ersatzlösungen
erforderlich. Die Dauer variiert
je nach Volumen und Art der Behandlung,
kann jedoch in der Regel nach 2 bis
2½ Stunden abgeschlossen sein. Die medikamentöse
Nachsorge hängt von der individuellen
Situation des Patienten ab.
Für zusätzliche Informationen, detaillierte
Einblicke oder ein Beratungsgespräch
besuchen Sie uns unter www.ayus.group
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Breite Auswahl an Akutmedikation bietet
neue Chancen für Migräne-Betroffene
Im Dezember 2022 wurde die neue Leitlinie der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und der
Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur Akutbehandlung und Prophylaxe der Migräne vorgestellt.
Text Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul
Die Migräne ist die Kopfschmerzerkrankung,
die am häufigsten
zum Arztbesuch führt.
Frauen sind häufiger
betroffen als Männer. Meist kommt
es zu halbseitigen, starken pochenden
Kopfschmerzen begleitet von
Licht- und Geräuschempfindlichkeit
sowie Übelkeit. Die Attacken
können bis zu drei Tage andauern.
Immer noch gibt es Betroffene, die
ihre starken Migräneattacken nicht
gut in den Griff bekommen, dabei
haben sich die Möglichkeiten der
Akuttherapie deutlich verbessert
und werden durch neu zugelassene
Medikamente, von denen eines seit
dem 1. März 2023 auch in Deutschland
erhältlich ist, verbessert.
Viele Betroffene kommen mit
Schmerzmitteln wie Ibuprofen,
ASS oder der Kombination aus ASS,
Paracetamol und Coffein, wenn
diese ausreichend hoch dosiert sind
und frühzeitig bei einem Anfall
eingenommen werden, gut zurecht.
Reichen diese nicht aus, kann ein
Triptan (Migränemittel) eingenommen
werden. Frei verkäuflich
stehen in der Apotheke mittlerweile
drei Triptane (Sumatriptan in der
50-mg-Dosierung, Almotriptan 12,5
mg, Naratriptan 2,5 mg) zur Verfügung,
sodass Migränebetroffene
auch selbstständig Erfahrungen mit
einem Migränemittel sammeln können.
Alle sieben weltweit verfügbaren
Triptane sind auch in Deutschland
erhältlich. Vorteilhaft ist, dass
diese als Tabletten und Schmelztablette
(Zolmitriptan und Rizatriptan)
sowie als Nasenspray (Sumatriptan
Priv.-Doz. Dr. med.
Charly Gaul
Generalsekretär
der Deutschen
Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
(DMKG)
c/o Kopfschmerzzentrum
Frankfurt
und Zolmitriptan) und zur Injektion
unter die Haut (Sumatriptan 3 mg
oder 6 mg) zur Verfügung stehen.
Durch das Ausprobieren mehrerer
Triptane auch in den unterschiedlichen
Darreichungsformen kann
die Mehrzahl der Betroffenen ihre
Migräne gut behandeln.
Triptane können jedoch nicht
eingesetzt werden, wenn Herz-
Kreislauf-Erkrankungen (zum
Beispiel ein Myokardinfarkt oder
ein Schlaganfall) bestehen. Außerdem
vertragen manche Menschen
Triptane nicht gut. Seit 1. März 2023
ist nun Lasmiditan in der Apotheke
verfügbar. Dieses Medikament kann
in verschiedenen Dosierungen zur
Akutbehandlung der Migräne eingesetzt
werden. Da es keine Wirkung
auf die Gefäßweite hat, kann es auch
von Patienten mit Gefäßerkrankungen
wie koronarer Herzerkrankung
eingenommen werden. Darüber
hinaus sprechen möglicherweise
auch Betroffene auf das Medikament
an, die von einem Triptan keine
gute Wirkung erfahren haben. Bei
der Mehrzahl der Betroffenen ist
das Medikament gut verträglich, da
es jedoch zu Benommenheit und
Schwindel führen kann, darf in den
acht Stunden nach der Einnahme
kein Kraftfahrzeug geführt werden.
Zugelassen ist außerdem Rimegepant,
welches ebenfalls Betroffenen
helfen kann, die mit einem
Triptan nicht zurechtkommen,
dieses Medikament ist jedoch noch
nicht in Deutschland in der Apotheke
erhältlich.
Weitere Neuigkeiten sind
im Bereich der Prophylaxe zu
verzeichnen. So kann einer der
monoklonalen Antikörper (Erenumab),
der sich gegen den CGRP-
Rezeptor richtet, nun frühzeitiger
eingesetzt werden, und ein
weiterer monoklonaler Antikörper,
der sich direkt gegen CGRP richtet
(Eptinezumab) ist seit Herbst 2022
auch in Deutschland verfügbar.
Dieses Medikament wird alle drei
Monate als Infusion verabreicht
und ist durch einen raschen Eintritt
der prophylaktischen Wirkung
gekennzeichnet.
Die neue Migräneleitlinie stellt
auch die etablierten Möglichkeiten
nicht-medikamentöser Therapieverfahren
vor. Entspannungsverfahren
wie die progressive Muskelrelaxation
nach Jacobson und Methoden
der Verhaltenstherapie wie der
Umgang mit Alltagsstress, aber auch
Psychotherapie können ebenso wie
Biofeedback helfen, die Kopfschmerzhäufigkeit
zu reduzieren. Auch
Ausdauersport zeigt eine migräneprophylaktische
Wirkung. Sinnvoll
ist es hier, das Training zunächst mit
niedriger Intensität, dafür aber regelmäßig
(zum Beispiel dreimal pro
Woche) zu beginnen, da für Untrainierte
ungewohnte Überanstrengung
auch mit dem Auslösen von
Attacken einhergehen kann. Ein
weiteres nicht-medikamentöses
Verfahren ist die elektrische Stimulation
von Nervenendästen des
N. trigeminus (Gesichtsnerven) an
der Stirn, ein Verfahren, für dessen
Einsatz mittlerweile Studiendaten
sowohl zur Akutbehandlung als auch
zur vorbeugenden Therapie der
Migräne vorliegen.
BUCHTIPP
In diesem Ratgeber geben
Kopfschmerzexperten, die
aus der täglichen Arbeit wissen,
was wichtig ist, in verständlicher
Sprache die Informationen
zu Migräne, Kopfschmerz
vom Spannungstyp, Clusterkopfschmerz
und anderen
Erkrankungen, die Ihnen
weiterhelfen können. Ausführlich
werden Medikamente
zur Schmerzbehandlung und
Vorbeugung erläutert. Ein
besonderer Schwerpunkt liegt
auf den nicht-medikamentösen
und psychologischen Verfahren,
die langfristig entscheidend für
den Therapieerfolg sind.
Dieses Buch können Sie in jeder
Buchhandlung bestellen.
ISBN 978-3-940615-661-9
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der
Lundbeck GmbH entstanden.
Mehr vom Leben
trotz Migräne
„Stell dich nicht so an!“ – für
Menschen, die nicht an Migräne
leiden, sind die starken Schmerzen
und Beeinträchtigungen
einer Migräne oft schwer vorstellbar,
für Patient:innen ist
der Leidensdruck häufig jedoch
sehr hoch. Mittlerweile gibt es
Hoffnung: Moderne Therapien
können helfen, Lebensqualität
zurückzugewinnen. 1
Text Maria Meyers
Migräne gilt nach wie vor als unterdiagnostiziert
und untertherapiert. 2
Deshalb ist es wichtig, dass Betroffene
mit ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin sprechen,
wenn sie den Verdacht haben, an
Migräne erkrankt zu sein. Mit einem Migränetagebuch
können die Beschwerden
detailliert festgehalten werden. 3 Dies
kann dem Arzt bzw. der Ärztin helfen,
eine Diagnose zu stellen und einen geeigneten
Therapieplan zu entwickeln.
Attacken lindern und vorbeugen
In der Behandlung der Migräne unterscheidet
man zwischen Akuttherapie
und Prophylaxe. Präparate zur Akuttherapie
zielen darauf ab, Beschwerden
schnell und effektiv zu lindern. 1
Allerdings kann ein Übergebrauch die
Migräne verschlimmern. 4 Ziel einer
Migräneprophylaxe ist es, die Häufigkeit,
Schwere und Dauer der Attacken zu
reduzieren. 1 Sie ist vor allem dann sinnvoll,
wenn die Attacken häufig auftreten,
ein hoher Leidensdruck besteht und
die Lebensqualität stark eingeschränkt
ist. Hierfür gibt es unterschiedliche
FOTO: ANTONIO GUILLEM/SHUTTERSTOCK
Wieder am Leben teilnehmen kann dank Migräneprophylaxe möglich sein.
Therapieoptionen. 1 In den letzten Jahren
sind innovative, speziell für die Migräneprophylaxe
entwickelte Medikamente
neu auf den Markt gekommen, die sogenannten
CGRP(Calcitonin Gene-Related
Peptide)-Antikörper. Diese blockieren
den Botenstoff CGRP, welcher bei Migräne
eine zentrale Rolle spielt. 1
Menschen, die unter Migräne leiden,
müssen also nicht verzweifeln. Mit einer
wirksamen Prophylaxe, der richtigen
Akutmedikation und einem veränderten
Lebensstil können Patient:innen einen
Weg zurück ins Leben finden.
Für ein Migränetagebuch und
weitere Informationen besuchen
Sie migraene-prophylaxe.de
oder scannen Sie den nebenstehenden
QR-Code.
1) Diener HC et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe
der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, in: Deutsche Gesellschaft für
Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in
der Neurologie. Online: https://dgn.org/leitlinien (abgerufen am
30.01.2023).
2) Martin VT et al.; Annals of Medicine 2021; 53(1): 1969–1980.
3) Eigenbrodt AK et al. Diagnosis and management of migraine in
ten steps. Nat Rev Neurol 2021.
4) Diener H.-C., Kropp P. et al., Kopfschmerz bei Übergebrauch
von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication
Overuse Headache = MOH), S1-Leitlinie, 2022; in: Deutsche
Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik
und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien
(abgerufen am 09.02.2023).
Lesen Sie mehr auf gesunder-koerper.info 9
Wie wir gemeinsam
mit Migräne leben
FOTO: CCPLATZ
Mein Mann hat Migräne. Und wir leben ein erfülltes,
zufriedenes und abwechslungsreiches Leben. Dass ich das
einmal schreiben kann, hätte ich vor ein paar Jahren nicht
gedacht, wenn auch gehofft. Der Weg bis hierhin war steinig,
gewunden, oftmals bergauf. Doch wir haben es geschafft.
Ganz viel aus eigener Kraft, aber auch mit Hilfe.
Text Svenja Platz
Das bedeutet nicht, dass
heute immer alles gut ist.
Vielmehr bedeutet es zu
verstehen: Es ist okay,
dass nicht immer alles gut
ist. Wir haben gelernt, die Migräne zu
akzeptieren. Nicht gegen sie anzukämpfen,
sondern mit ihr zu leben. Auf sie
einzugehen und gleichzeitig nicht die
Kontrolle an sie abzugeben.
Angefangen hat unser Weg so wie der
vieler anderer sicherlich auch: Ohne
eine eindeutige Diagnose, lange auf der
Suche nach der einen Ursache – der
verrenkte Nacken, der eine Nährstoffmangel,
der eine Stressfaktor, den es
nur ausfindig zu machen gilt, und dann
wäre der Spuk endlich vorbei. Doch so
kam es nicht. Migräne ist eine komplexe
neurologische Erkrankung. Das eine
Heilmittel gibt es nicht.
Das zu verstehen, in Kombination mit
fachkundigen Ärzt:innen und einer (endlich!)
korrekten Diagnose, war für uns
damals der Startschuss für einen Umgang
mit dieser Erkrankung. Einer, der zugegeben
schmerzhaft in den Ohren hallte,
der uns aber in die richtige Richtung
lenkte. Wir wussten, dass es nicht länger
Sinn machte, die Ursache im Außen zu
suchen, sondern wir aus uns heraus Verantwortung
übernehmen mussten.
Der erste Schritt bestand darin, sich
Wissen anzueignen – über die Migräne
und den Umgang mit ihr. Lernen, welche
Therapiemöglichkeiten es gibt, und
herausfinden, welche Maßnahmen für
einen selbst geeignet sind. Allein, dass
ich all diese Dinge auch gelernt habe, hat
meinem Mann eine ganz große Last von
den Schultern genommen. Denn so war
er nicht mehr allein damit.
Ebenso wichtig war und ist für uns
die Kommunikation miteinander. Mal
ehrlich: Eine Partnerschaft ist immer
auch harte Arbeit. Harmonie kommt
selten ganz von allein. Und das ist
normal und okay. Wenn dann noch eine
Herausforderung wie eine chronische
Krankheit hinzukommt, ist Beziehungsarbeit
unerlässlich. Jeder empfindet und
verarbeitet diese Situation individuell.
Hat ganz eigene Bedürfnisse. Uns hat
es bisher immer sehr geholfen, diese
mitzuteilen, um aufeinander Rücksicht
zu nehmen und sich gegenseitig zu
verstehen.
Heute sind wir ein eingespieltes Team
und haben die vorbeugenden Maßnahmen
in unseren Alltag integriert.
Neben regelmäßiger Bewegung an der
frischen Luft und Entspannungstraining
ist die Ernährung für meinen Mann
eine wichtige Säule in der Migränevorbeugung.
Regelmäßige, ausgewogene
Mahlzeiten sind für ihn unerlässlich und
etwas, wo ich als Angehörige sehr gut
unterstützen kann. Gemeinsam machen
wir einen Wochenplan, ich übernehme
das Einkaufen, und die Zubereitung
teilen wir uns nach Kräften auf.
Mit Wissen, Akzeptanz sowie viel Arbeit
miteinander und an uns selbst haben
wir unseren Weg gefunden. Wir gehen
ihn Hand in Hand und tragen uns
gegenseitig.
Wenn du uns ein Stück auf unserem Weg
begleiten möchtest, folge mir doch bei
Instagram. Auf @migraene.begleiten teile
ich unsere Erfahrungen und berichte aus
unserem Leben mit Migräne.
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der PERFOOD GMBH entstanden.
Kontrolle über die eigene Migräne
durch individuelle Ernährung
Die Neurologin Dr. Astrid Gendolla erklärt am Beispiel Ernährung, wie Migränepatient:innen
mehr Sicherheit im Alltag gewinnen können, und blickt auf die Migränemedizin der Zukunft.
Text Ulrike Voß
dabei zur Seite stehen. Die App sin-
Cephalea zum Beispiel ermittelt über
Blutzuckerdaten, welche Mahlzeiten
das Gehirn gleichmäßig mit Energie
versorgen und ganz individuell Migräne
vorbeugen. Weil es sich um eine sogenannte
Digitale Gesundheitsanwendung
(DiGA) handelt, werden die Kosten von
den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Frau Dr. Gendolla, warum hat
Ernährung überhaupt einen Einfluss
auf Migräne?
Unser Gehirn kann Energie nicht speichern.
Deshalb will es immer gleichmäßig
mit Energie versorgt werden und
greift auf einen Kraftstoff zurück, der in
unserem Blutkreislauf verfügbar ist: den
Blutzucker. Doch je nachdem, wie unser
Stoffwechsel individuell mit einer Mahlzeit
klarkommt, schwankt der Blutzuckerspiegel.
Und genau solche Schwankungen
in der Energieversorgung gelten
als Ursache dafür, dass das Gehirn in
einen Energiesparmodus wechselt, der
Migräne auslösen kann.
Dr. med. Astrid
Gendolla
Fachärztin für
Neurologie, Spezielle
Schmerztherapie und
Psychotherapie
Welche Lebensmittel sind das?
Unser Blutzuckerspiegel reagiert ganz
unterschiedlich, deshalb lässt sich das
nicht pauschal beantworten. Wenn
Betroffene aber wissen, dass es diesen
Zusammenhang von Blutzucker und
Migräne gibt, können sie nach individuellen
Lösungen suchen. Hinzu kommt,
dass viele Migränepatient:innen oft auf
geliebte Mahlzeiten verzichten, obwohl
sie für den eigenen Organismus keine
Migränetrigger darstellen. Die Reaktion
unseres Stoffwechsels auf ein Lebensmittel
ist häufig entscheidender als das
Lebensmittel selbst.
Was raten Sie Migränepatient:innen?
Betroffene hören oft, dass sie auf eine
ausgewogene Ernährung mit möglichst
regelmäßigen Mahlzeiten achten sollten.
Die Forschung ist da aber schon weiter
und kann Ernährungsempfehlungen
sehr individuell gestalten. Innovative
digitale Tools können Patient:innen
Also Selbstbestimmtheit auf Rezept?
Es hilft Migränepatient:innen ungemein,
wenn sie Kontrolle über ihre
Migräne bekommen. Wenn man
bedenkt, wie wenig Zeit wir Ärzt:innen
in der Sprechstunde haben, sind digitale
Helfer ein unverzichtbares Tool für
Empowerment in der Migränetherapie
– ein Empowerment abseits von
Tabletten, Tropfen und Spritzen.
Mehr Informationen
finden Sie unter
sincephalea.de
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Schlaganfall durch
Vorhofflimmern
Beim Auftreten eines Schlaganfalls werden Teile
des Gehirns nicht mehr richtig durchblutet. Ursache
dafür ist eine Gefäßverstopfung durch ein Blutgerinnsel
(sog. ischämischer Schlaganfall) oder eine Einblutung
durch das Platzen eines Gefäßes (sog. hämorrhagischer
Schlaganfall).
FOTO: TANYAJOY/SHUTTERSTOCK
mischen Schlaganfall dar. Bei dieser
Herzrhythmusstörung breiten sich die
Herzströme nicht mehr koordiniert
in den Herzvorhöfen aus, sondern als
Wellen. Dadurch schlägt das Herz unrhythmisch
und schnell. Das Blut in den
Herzvorhöfen wird nicht mehr komplett
ausgeworfen und es bilden sich Wirbel,
welche wiederum zum Verklumpen von
Blutbestandteilen, sogenannten Gerinnseln,
führen. Beim Wechsel in den
normalen Rhythmus (Sinusrhythmus)
oder bei körperlichen Anstrengungen
werden diese in den Körperkreislauf geschwemmt
und verstopfen Blutgefäße.
Bestimmte Herzerkrankungen, wie
Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz),
Verengungen der Herzkranzgefäße,
Herzklappenerkrankungen oder
eine Herzmuskelentzündung, begünstigen
das Auftreten von Vorhofflimmern.
Auch der Genuss von Alkohol erhöht das
Vorhofflimmerrisiko, so zeigten Daten
einer Metaanalyse, dass bereits zwölf
Gramm Alkohol pro Woche das Schlaganfallrisiko
verdoppeln.
Vorhofflimmern kann anfallartig für
mehrere Minuten bis Stunden oder
dauerhaft auftreten. Die Betroffenen
bemerken dabei plötzlich einsetzendes
Herzholpern oder -rasen, Schwindel,
Atemnot oder Schweißausbrüche.
Häufig unbemerkt
Oft wird das Vorhofflimmern bei kurzer
Dauer gar nicht bemerkt und erst im
Dr. med.
Jana Boer
Fachärztin für Innere
Medizin und Kardiologie,
Stv. Bundesvorsitzende
BNK
(Bundesverband
Niedergelassener
Kardiologen e. V.)
Rahmen der Ursachensuche für einen
erlittenen Schlaganfall entdeckt. Die
Herzrhythmusstörung fällt dann zufällig
beim Pulsfühlen oder Schreiben eines
EKG (Elektrokardiogramm) auf. Eine
möglichst frühzeitige Diagnostik kann
also Schlaganfälle durch frühzeitige
Therapieeinleitung verhindern.
Etabliert hat sich aufgrund neuester
wissenschaftlicher Erkenntnisse die
Aufzeichnung eines kontinuierlichen
EKG über drei bis sieben Tage. Aber
auch moderne Wearables wie zum
Beispiel Smartphones und Smartuhren
mit EKG-Tracking können bisher
unentdecktes Vorhofflimmern anzeigen.
Bei sehr seltenen Vorhofflimmerepisoden
kann ein sogenannter Loop-Recorder
dauerhaft für ca. zwei bis drei Jahre
unter der Haut implantiert werden.
Patienten mit entdecktem Vorhofflimmern
müssen einer Risikobewertung für
das Auftreten eines Schlaganfalles
unterzogen werden. Dabei empfiehlt die
Fachgesellschaft den sogenannten
CHA2DS2-VASC-Score.
Text Dr. med. Jana Boer
Durch das verstopfte Gefäß
oder die Einblutung kommt es
zum Ausfall der betroffenen
Hirnareale, was zu Lähmungen,
Sprach- oder Sehverlust, aber auch
zum Tod führen kann. 2,5 Prozent der
erwachsenen Menschen in Deutschland
hatten bereits einen Schlaganfall und
jährlich sind 117 Frauen und 127 Männer
pro 100.000 Einwohner betroffen.
Zu den wichtigsten Risikofaktoren
gehört neben Bluthochdruck, Rauchen,
Diabetes mellitus, Übergewicht und
Fettstoffwechselstörung die häufigste
Rhythmusstörung, das Vorhofflimmern.
Der ischämische Schlaganfall ist mit 80
Prozent der Fälle die häufigste Schlaganfallursache.
Die Symptome eines Schlaganfalles
sind oft akute starke Kopfschmerzen,
Schwindel, Sprach- oder Sehstörungen
sowie Taubheits- und Lähmungsgefühl
in einer Körperhälfte. Oft kündigt sich
der Schlaganfall mit ähnlichen Symptomen
bereits Tage vorher an.
Risikofaktor Vorhofflimmern
Mit 20 bis 30 Prozent aller ischämischen
Schlaganfälle stellt das Vorhofflimmern
eine häufige Ursache für einen ischä-
CHA 2 DS 2 -VASC-SCORE
RISIKOFAKTOREN UND DEFINITIONEN
C
Herzinsuffizienz oder objektive Hinweise auf eine mittelschwere bis schwere LV-
Dysfunktion oder hypertrophe Kardiomyopathie
PUNKTE
H Bluthochdruck oder unter antihypertensiver Therapie 1
A Alter 75 Jahre oder älter 2
D
Diabetes mellitus Behandlung mit oralen Antidiabetika und/oder Insulin oder
Nüchtern-Blutzucker > 125 mg/dl (7 mmol/l)
S Schlaganfall Frühere Schlaganfälle, TIA oder Thromboembolien 2
V
Gefäßerkrankung Angiographisch signifikante KHK, vorausgegangener MI,
periphere arterielle Erkrankung oder Plaque in der Aorta
A Alter 65–74 Jahre 1
Sc Geschlechtskategorie (weiblich) 1
MAXIMALE PUNKTZAHL 9
Bei Frauen mit einem Score von 3 und Männern mit einem Score von 2 ist unabhängig von der
Häufigkeit des Auftretens von Vorhofflimmern eine lebenslange blutverdünnende Medikation
zur Schlaganfallprophylaxe notwendig.
Quelle: ESC Pocket Guidelines „Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern“ Version 2020
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Erhöhte Wahrscheinlichkeit auf
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SRA ® konnte kein Vorhofflimmern
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>
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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit der FÜRST DONNERSMARCK- STIFTUNG ZU BERLIN entstanden.
Herausforderung
ambulante Langzeitrehabilitation
PD Dr. med. Christian Dohle spricht über die Herausforderungen der ambulanten Langzeitrehabilitation
und mögliche Lösungsansätze. Text Sebastian Weinert
Was sind die größten Herausforderungen
in der ambulanten Nachsorge
und neurologischen Langzeitrehabilitation?
Gerade Patienten mit und nach neurologischen
Erkrankungen haben häufig
mit vielen unterschiedlichen Problemen
und Gesundheitsstörungen zu kämpfen.
Dabei ist die Neurorehabilitation ein
wichtiger und qualitativ herausragender
Bestandteil des deutschen Gesundheitssystems,
der aber im Spannungsfeld
von wissenschaftlichem Anspruch und
politischer Umsetzbarkeit steht. Wissenschaftlich
haben wir in den letzten Jahren
ein hohes Niveau erreicht, sodass die
Neuroreha inzwischen auf einer breiten
Basis evidenzbasierter Studien arbeitet.
Strukturell beruht die Neurorehabilitation
in Deutschland auf dem „neurologischen
Phasenmodell“. Dieses Modell, das die
Rehabilitation von der Phase A bis F einteilt,
ermöglicht eine hohe Behandlungsqualität.
Kernelement ist die koordinierte
Behandlung verschiedener Berufsgruppen,
die sich gemeinsam auf Ziele und
Prioritäten einigen und umsetzen.
In meinem Berufsalltag habe ich jedoch
immer wieder feststellen müssen, dass
es uns schwerfällt, die Rehabilitationserfolge
in den Phasen A bis D in der
ambulanten Versorgung weiterzuführen.
Das liegt nicht an der Qualität oder Kompetenz
der Kollegen im ambulanten Bereich.
Einer der größten Problempunkte
liegt darin, dass in der ambulanten
Versorgungsstruktur keine Koordination
der Leistungsanbieter mehr vorhanden
ist. Die Patienten müssen sich deswegen
in einer Vielzahl von Angeboten und
gesetzlichen Vorgaben zurechtfinden.
Welche Lösungsmöglichkeiten für
dieses Problem gibt es?
Viele Akteure im Gesundheitswesen
haben den Handlungsbedarf erkannt. Ein
Lösungsansatz besteht in der Etablierung
von Hilfsangeboten, um auf geeignete
Maßnahmen und deren Zugangswege
hinzuweisen. Ein tolles Projekt in diesem
Kontext war der Servicepunkt Schlaganfall
der Berliner Schlaganfall-Allianz. Dabei
handelte es sich um ein niederschwelliges,
sozialdienstliches Beratungsangebot für
Schlaganfallpatienten und ihre Angehörigen,
das sie über ihre Möglichkeiten zur
PD Dr. med.
Christian Dohle
Leitender Arzt des
P.A.N. Zentrums
für Post-Akute
Neurorehabilitation
und Bereichsleiter
Forschung der Fürst
Donnersmarck-
Stiftung zu Berlin.
Seit Dezember
2022 ist der zudem
Präsident der Deutschen
Gesellschaft
für Neurorehabilitation
(DGNR).
Fortführung der Rehabilitationsmaßnahmen
informierte. Leider gelang es nicht,
eine dauerhafte Finanzierung für das Angebot
aufzubauen. Ein ähnliches Projekt
sind die Schlaganfall-Lotsen der Stiftung
Deutsche Schlaganfall-Hilfe.
Einen anderen Weg geht das P.A.N. Zentrum
für Post-Akute Neurorehabilitation
der Fürst Donnersmarck-Stiftung. In
diesem Haus bringen wir in einem nachklinischen
Setting alle wichtigen Bestandteile
der neurologischen Langzeitrehabilitation
– fachärztliche Betreuung, hochspezialisierte
Therapien und pädagogische
sowie pflegerische Unterstützung im
Alltagskontext – unter einem Dach zusammen.
Über einen Zeitraum von ca. 18 Monaten
übernehmen wir damit die Koordinierungsfunktion,
die im ambulanten
Setting üblicherweise fehlt. Auf diese Weise
lassen sich auch mit größerem zeitlichen
Abstand, beispielsweise zu einem Schlaganfall,
noch Verbesserungen in alltagsrelevanten
Funktionen erzielen. Im Ergebnis
gelingt es uns bei mehr als 70 Prozent der
Rehabilitanden mit sehr schweren Einschränkungen,
eine Unterbringung in einer
stationären Einrichtung zu vermeiden.
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Gib der Hoffnung
einen Namen
„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, um Holocaustüberlebenden Gutes
zu tun. Gemeinsam können wir jetzt Zeichen der Hoffnung setzen
und ihren letzten Lebensabschnitt erleichtern. Sind Sie dabei?“
Klaus Dewald, Leiter von GAiN
DOPPELTE FLUCHT
Ilja musste in seinem Leben schon vor zwei Kriegen fliehen. Als Kind vor den Nazis, als alter Mann
aus der Ukraine nach Israel. Er und seine Frau mussten mit nichts dort anfangen. Ihre Möbel sind
aus dem Sperrmüll. Für Menschen wie sie vermitteln wir Paten schaften für Holocaustüberlebende
in Israel.
ILJAS GESCHICHTE
GAiN-Germany.org/mitmachen/paten- gesucht/geschichten
Tel. 0641-97518-56 oder [email protected]
WWW.GAIN-GERMANY.ORG