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Herzgesundheit

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Schlaganfall: Therapietreue ist lebenswichtig

Petra Werkmann ist wegen eines Eingriffs an Oberschenkelhals und Hüfte im

Krankenhaus, als sie während der Operation einen Schlaganfall erleidet. Als die

damals 55-Jährige aufwacht, ist nichts mehr, wie es war – nur weiß sie zunächst nicht,

warum. Erst Monate später wird der Schlaganfall bei ihr diagnostiziert.

Text Miriam Rauh

Frau Werkmann, Sie haben

während einer Operation im

Jahr 2017 einen Schlaganfall

erlitten. Wussten Sie zu diesem

Zeitpunkt bereits, dass Sie

zu hohen Blutdruck haben?

Ja, das war mir schon etwa fünf

Jahre vor der Operation bekannt. Mir waren

damals auch Tabletten verschrieben worden, die

aber nicht viel genutzt haben. Irgendwann habe

ich dann einfach aufgehört, sie zu nehmen.

Was waren Ihre ersten Gedanken, nachdem

Sie aus der Narkose aufgewacht sind?

Ich habe mir nicht viele Gedanken gemacht,

ich wusste ja auch gar nicht, was los ist. Allerdings

war ich nach der OP so müde, dass ich am

liebsten nur noch schlafen wollte. Heute weiß

ich, dass ich kaum aus der Narkose aufgewacht

bin. Dass ich einen Schlaganfall gehabt habe,

scheint aber während der OP niemandem aufgefallen

zu sein. Ich war an Oberschenkelhals und

Hüfte operiert worden und sollte im Nachgang

der Operation mit einem Lauftraining beginnen.

Das konnte ich nicht, weil ich ein Bein nachzog.

Bis im Krankenhaus darauf reagiert wurde, dauerte

es noch mehrere Tage.

Der Schlaganfall wurde erst einige Monate

später diagnostiziert. Wieso hat es so lange

gedauert?

Die Operation war im August, im Januar erhielt

ich die Schlaganfall-Diagnose. Das Krankenhaus

in dem ich operiert worden war, hatte damals

noch kein MRT, es gab nur ein CT. Deswegen

konnte der Schlagfall dort nicht diagnostiziert

werden. Man war dem auch nicht nachgegangen,

weil zunächst anscheinend kein Verdacht

bestand. Aber es ging mir wirklich sehr, sehr

schlecht, und in der Reha hieß es dann: „Sie haben

ja einen Schlaganfall gehabt, wo sind denn Ihre

Tabletten?“ Natürlich hatte ich keine, ich wusste

ja von nichts.

Sie haben seither mehrere Reha-Aufenthalte

hinter sich. Haben Sie heute noch immer mit

den Folgen des Schlaganfalls zu kämpfen?

Es waren vier längere Aufenthalte, jeweils über

mehrere Wochen. Ich hatte drei normale und

zusätzlich eine psychosomatische Reha, diese

dauerte sogar elf Wochen, weil ich nach der

Operation eine Depression entwickelt hatte.

Noch immer habe ich zwischendurch Wortfindungsstörungen

und fühle mich zum Teil auch

sehr kraftlos.

Können Sie mit den Symptomen, die Sie

jetzt noch haben, wieder Ihrer Arbeit nachgehen?

Wie groß sind die Auswirkungen

des Schlaganfalls auf Ihren Alltag?

Mein Alltag hat sich komplett verändert. Meistens

schaffe ich es nicht, den ganzen Tag auf den

Beinen zu bleiben. Ich schlafe viel, und wenn ich

etwas geplant hatte, verwerfe ich es oft wieder,

weil mir die Kraft dazu fehlt. Laut meiner Rentenversicherung

ist es mir nicht mehr möglich, einer

Erwerbstätigkeit nachzugehen, aber es ist wichtig

für mich, etwas zu tun. Das Gefühl, keine Aufgabe

mehr zu haben, war nach dem Schlaganfall das

Schlimmste für mich. Ich arbeite jetzt wieder für

ein paar Stunden in der Woche.

Seit dem Jahr 2017 wird Ihr Bluthochdruck

behandelt. Wie erfolgt die jetzige Therapie?

Ich nehme morgens eine Tablette, die zwei Wirkstoffe

miteinander kombiniert, dazu einen Blutverdünner.

Abends nehme ich außerdem ein

Medikament ein, das meinen Blutzucker reguliert.

Bei der Tablette morgens handelt es sich um

eine Single Pill, um die Tablettenlast zu reduzieren.

Wie empfinden Sie die medikamentöse

Therapie aktuell?

Die Tablette morgens bereitet mir keine Probleme bei

der Einnahme. Die abends hingegen schon, sie ist unangenehm

beim Schlucken. Aber insgesamt empfinde

ich die Tabletteneinnahme nicht als Belastung, weil es

nicht so viele sind. Ich habe auch den Eindruck, sie gut

zu vertragen. Nur regelmäßig daran zu denken, dass

ich die Medikamente einnehmen muss, fällt mir nicht

immer leicht.

Ist Ihnen die Wichtigkeit der Therapietreue,

insbesondere auch nach dem Schlaganfall, bewusst,

bzw. wurden Sie darüber in Bezug auf

kardiovaskuläre Folgekrankheiten aufgeklärt?

Das kann ich weder verneinen noch bejahen. In der

Reha wurde mir sehr nahegelegt, dass es sehr wichtig

ist, die Tabletten regelmäßig zu nehmen. Aber ich hätte

gerne etwas mehr Aufklärung dazu bekommen, z. B.

was für mögliche Folgeerkrankungen es haben kann,

wenn man sich nicht daran hält.

Sie sind Gründerin der Selbsthilfegruppe

"Phönix" in Ellwangen. Was hat Sie dazu

bewogen?

Die Selbsthilfegruppe habe ich zusammen mit

Ulrich Fürstenau ins Leben gerufen und leite

sie. Ursprünglich gab mein Therapeut den Ausschlag,

es war als Maßnahme gegen die Depression

gedacht. Mir tat es gut, wieder eine Aufgabe

zu haben.

Mir ist wichtig, mit der Selbsthilfegruppe

einen Raum zu schaffen, in dem Betroffene

über ihre jeweiligen Probleme sprechen können

und man Erfahrungen austauschen kann.

Wenn Menschen aufeinandertreffen, die Ähnliches

erlebt haben, kann man sich gegenseitig

Tipps geben. Es hilft auch, jemanden

zu haben, der einfach zuhört und versteht,

um was es geht. Das gelingt unter Betroffenen

sehr gut. Ohne diesen Austausch fühlt man

sich doch manchmal sehr allein gelassen.

Was raten Sie generell, damit es im besten

Fall gar nicht erst zu einem Schlaganfall oder

einem anderen einschneidenden Ereignis

kommt?

Ein gesunder Lebensstil ist immer gut. Allerdings

kann man das Risiko, einen Schlaganfall

zu erleiden, nicht zu 100 Prozent ausschließen.

Vor Kurzem habe ich noch gedacht, man könne

sich vor einem Schlaganfall schützen, wenn

Blutzuckerspiegel und Blutdruck in Ordnung

sind Aber das allein reicht nicht immer. Mittlerweile

weiß ich, dass im Prinzip schon Schnarchen

einen Schlaganfall auslösen kann.

FOTO: PRIVAT

Rat und Unterstützung

für Betroffene und Angehörige

Bluthochdruck sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, auch sollten Betroffene Medikamente keinesfalls eigenmächtig absetzen, sondern nur nach ausdrücklicher

Rücksprache mit den behandelnden Ärzten. Bei der Vermeidung zukünftiger Schlaganfälle oder anderer kardiovaskulärer Ereignisse kommt der sogenannten Sekundärprophylaxe

eine große Bedeutung zu. In der Regel nehmen Schlaganfallpatient:innen mehrere Tabletten mit verschiedenen Wirkstoffen ein, zum Beispiel aus der Gruppe der

Gerinnungshemmer, Thrombozytenfunktionshemmer, Antikoagulantien, Blutdrucksenker, Diabetes-Therapie und Cholesterinsenker. Um die Tablettenlast der Patient:innen

zu senken und die Einnahme einfacher und auch angenehmer zu gestalten, sind sogenannte Single-Pill-Präparate verfügbar, die mehrere Wirkstoffe vereinen. Dies kann zudem

zu einer deutlich verbesserten Prognose von Patien:innen führen. Neben kardiologischen Praxen und anderen medizinischen Einrichtungen können Selbsthilfegruppen

hilfreiche Anlaufstellen sein. Über die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, an die auch die Selbsthilfegruppe Phönix aus Ellwangen angeschlossen ist, erhalten Betroffene,

Angehörige und Interessierte zahlreiche Adressen und wertvolle Informationen rund um das Thema Schlaganfall und Prävention.

www.schlaganfall-hilfe.de

studiolh

Bluthochdruck – der Weg zur richtigen Therapie

Bei der Auswahl der geeigneten Therapie und Medikation wird der Arzt oder die Ärztin immer individuelle Faktoren des Patienten oder der Patientin berücksichtigen, wie etwa

Alter, Ansprechen auf die Therapie, weitere Erkrankungen und mögliche Nebenwirkungen. Um einen positiven Verlauf der Therapie zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass

Sie und Ihr Arzt oder Ihre Ärztin zusammenarbeiten.

Studien zeigen, dass eine gemeinsam ausgewählte Therapie zu mehr Therapietreue und damit einem besseren Behandlungsergebnis führt. Nehmen Sie Ihren Arzt oder Ihre

Ärztin in die Pflicht, Sie ausführlich über den jeweiligen Nutzen und die Risiken verschiedener Behandlungsformen zu informieren. Informieren Sie sich darüber hinaus selbstständig

über Ihre Erkrankung und mögliche Behandlungsformen. Denn wer Zusammenhänge nachvollziehen kann, dem fällt es leichter, eigene Anstrengungen auf dem Weg

zur Genesung in Kauf zu nehmen.

Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat wichtige Informationen zum Thema Bluthochdruck in einer Broschüre zusammengestellt, die auf der Website zu finden ist:

schlaganfall-hilfe.de/de/service/publikationen/publikation/did/bluthochdruck-all

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