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POPSCENE April 04/23

Das total umsonste Popkulturmagazin.

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Angefangen beim Offensichtlichen.

Gahan: Es sind nur noch wir zwei übrig.

Gore: Wir müssen ganz neu lernen, wie wir miteinander

umgehen, miteinander arbeiten. (Pause).

Die erste Fotosession mit Anton Corbijn, das erste

Video mit Anton, das erste Mal zusammen im

Probenraum – das ist anders, als es mit Andy war.

Hat sich euer Verhältnis durch den Tod eures

Freundes und Kollegen verändert?

Gore: Ja. Wir sind immer noch dabei, herauszufinden,

wie die Dinge zu zweit funktionieren. Dave

und ich hatten nie so eine extrem enge Bindung,

wir standen uns persönlich immer auch etwas reserviert

gegenüber.

Gahan: Wir hatten nie darüber gesprochen, was

aus unserer Band wird, wenn einer von uns nicht

mehr da ist. Nun ist jede Entscheidung, die wir

treffen, eine Entscheidung von uns beiden. Das

heißt, es gibt kein 2:1 mehr. Sondern wir haben

keine andere Wahl, als strittige Fragen auszudiskutieren.

Wir kommunizieren viel intensiver und

einfach auch mehr als früher.

Gore: Wir hatten uns zum Beispiel früher nie online

unterhalten, jetzt machen wir das ständig.

Und wir reden auch mehr über persönliche Dinge.

„Wie geht es der Familie“, und solche Sachen. Das

war früher auch nicht so alltäglich bei uns.

Gahan: Ein bisschen ist es so, als würden wir uns

nach mehr als vierzig Jahren gerade zum zweiten

Mal kennenlernen.

Welches ist der neueste Song auf „Memento

Mori“?

Gore: Das ist gleich der erste, „My Cosmos Is

Mine“. Ich schrieb ihn kurz, nachdem Russland die

Ukraine überfallen hatte. Ich dachte „Wieviel sollen

wir denn noch ertragen? Was wird uns noch

alles zugemutet?“ Und meine erste Reaktion war

zu sagen: Ich ziehe mich in meine eigene kleine

Welt zurück, lasst mich alle in Ruhe. In dem Song

geht es darum, inmitten der Machtlosigkeit sein

Innerstes zu schützen gegenüber den Stürmen

der Welt und sich, zusammen mit seinem Liebsten,

am liebsten irgendwo verkriechen zu wollen.

Was natürlich kurzsichtig ist, denn wir müssen

die Verantwortung für unsere Erde übernehmen,

sonst werden wir bald alle nicht mehr hier sein.

„Don’t Say You Love Me“ oder „Soul With

Me“ haben die Anmutung von James-Bond-

Titelsongs. Warum habt ihr eigentlich nie

einen gemacht?

Gore: Äh, wir sind nie gefragt worden. Ich weiß

auch nicht, ob das unser Ding gewesen wäre.

Vielleicht waren wir einfach nicht die Richtigen

für diesen Job.

Andere Songs klingen stark nach den klassischen

Depeche Mode, will sagen: nach den

Achtzigern. Ist das eine bewusste Rückbesinnung?

Gore: Eine Reihe von Leuten, mit denen wir gesprochen

haben, meint, dass „Memento Mori“

so klingt, als würden wir ein Stück zurück zu

unseren Wurzeln gehen. Vielleicht ist da ein bisschen

was dran. Jedes unserer Alben ist zugleich

immer eine Kombination aus Ideen. Es ist einerseits

sehr elektronisch, wir nutzen aber auch Gitarre,

Bass und Schlagzeug, und auf einer Reihe

von Songs haben wir Streicher eingesetzt, die

für eine epische Atmosphäre sorgen. Niemand

sollte jedoch glauben, dass wir vor einer Albumproduktion

große Konzepte entwerfen. Wir

schreiben Songs, wir nehmen sie auf, und dann

klingen sie, wie sie klingen. Ich schwöre, es ist

kein Hexenwerk (lacht).

Das Jahr der Bandgründung ist 1980. Jetzt haben

wir 2023. Blinzelt ihr gelegentlich schon

bis zum 50. Dienstjubiläum nach vorne?

Gahan: Unsere Lieder sind für mich Lebensbegleiter.

Und diese Band ist es auch. Jetzt gerade

müsste ich mich anstrengen, mir ein Leben ohne

Depeche Mode vorzustellen. Aber frag‘ mich

nach der Tour nochmal (lacht).

Text: Steffen Rüth Bild: Anton Corbijn

depechemode.com

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