prima! Magazin - April 2023
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BERICHT
Steiermark plant
Solarparks auf Ackerland
Unabhängigkeit ist ein großes Thema. Auf ein Land bezogen, gibt es vor allem zwei Ziele:
Unabhängigkeit in der Nahrungsproduktion und Unabhängigkeit in der Energieversorgung. Was aber,
wenn sich beide Ziele im Einzelfall ausschließen? Das Land Steiermark könnte mit der Nutzung von
Landwirtschaftsflächen für PV-Anlage genau diese Diskrepanz schaffen. Und so läuft es auf die
Frage hinaus: Erzeuge ich auf einer Fläche regional Nahrung oder Strom?
Olga Seus
Foto © Volker Muether/shutterstock.com
PV-Anlagen auf Ackerflächen – das ist auch in der Steiermark auf „Vorrangflächen“ geplant.
In der Agenda 2030 wurde festgehalten,
dass Österreich energieautark werden soll
und zwar mit alternativen Energien. Um
dies zu erreichen, müssen etliche infrastrukturelle
Anpassungen vorgenommen
werden, damit die alternativen Energien
ausgebaut werden können. Die Steiermark
hat dazu ein Sonderprogramm erstellt, das
die Errichtung riesiger Solarparks,
sogenannte PV-Freiflächenanlagen
fördern soll. Die Vorgehensweise wäre eine
Umwidmung eines geeigneten Areals
durch die jeweilige Gemeinde. Das wurde
damit aber umgangen und von Landesseite
aus sogenannte „Vorrangflächen“ mit einer
Größe von mindestens zehn Hektar
geschaffen (zum Vergleich: 1 ha entspricht
etwa einem Fußballplatz). Diese – in
Summe immerhin 825 Hektar in der
gesamten Steiermark – sind laut Landesgutachten
„minderwertige Flächen“, d.h.
mit „mäßiger Ertragsfähigkeit“.
Ein wesentliches Problem bei dieser
Ausweisung ist allerdings, dass als
Grundlage Kartenmaterial genommen
wurde, das aus den 1960er- und 1970er-
Jahren stammt, also keinesfalls aktuell ist.
„Dabei hat sich in den letzten 50 Jahren viel
getan. Zum einen von der Fähigkeit des
Bewirtschaftens her, zum anderen weil die
Bauern zum Teil aktiven Humusaufbau
betrieben haben“, gibt Herbert Lebitsch,
Obmann der Landwirtschaftskammer
Hartberg-Fürstenfeld zu bedenken. Im
Klartext heißt das: Normal bewirtschaftete
Flächen werden durch das Programm nun
als Vorrangflächen ausgewiesen. Von den
825 Hektar PV-Vorrangflächen werden
aktuell 400 Hektar landwirtschaftlich
genutzt. Zwar sind sie nur als „mittelwertig“
eingeschätzt, jedoch bezieht sich
diese Einstufung auf ganz Österreich und
somit sind „mittelwertige“ Flächen oft die
besten, die vor Ort verfügbar sind. Fehler,
die durch Einbeziehung der Gemeinde, der
Kammer oder der Grundeigentümer im
Vorfeld hätten vermieden werden können
und die sich nun in vermehrten Stellungnahmen
niederschlagen dürften. Für diese
lief die Frist bis 24. März. Inwieweit sie
einbezogen werden und das Sachprogramm
verändern, ist zu Redaktionsschluss
noch nicht bekannt.
Das Land Steiermark sieht das weniger
dramatisch und beruhigt, dass für einen
Landwirt die Ausweisung seiner bewirtschafteten
Fläche als Vorrangfläche kein
Problem sei: „Wer diese Sondernutzung
nicht in Anspruch nehmen will, für den
ändert sich nichts. Er kann allerdin gs den
betroffenen Grund auch nicht anderweitig
umwidmen lassen“, so Andrea Teschinegg
vom Referat 13 der steirischen Landesregierung,
die die rechtliche Seite des
Sonderprogramms betreut. „Schwierig
wird es bei den Pachtbauern. Die brauchen
das gepachtete Land als Existenzgrundlage.
Für einen Verpächter können
die Preise, die die Energieanbieter im
Wettkampf um die besten Flächen
momentan bieten, allerdings sehr attraktiv
erscheinen“, gibt der frühere Kammerobmann
Johann Reisinger, dessen
Landwirtschaft bei St. Johann in der
Haide ebenfalls vom Sonderprogramm
betroffen ist, zu bedenken.
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