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prima! Magazin - April 2023

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INTERVIEW

„Wer positiv denkt,

kann Negatives auch

besser verarbeiten“

Wir sollten viel mehr Positives in unser Leben lassen. Das sagt Dr. Erwin Gollner und hat bereits in der

Märzausgabe das PERMA-Modell vorgestellt. Auf fünf Bereiche müssen wir achten, um ein erfülltes Leben

zu führen. Der erste beschäftigt sich mit den positiven Emotionen. Um sie zu empfinden, müssen wir

überhaupt erst einmal das Positive erkennen – und das können wir trainieren, sagt Gollner. Und außerdem

sollten wir unsere Liebsten viel mehr berühren, uns gegenseitig anlächeln und grüßen.

Nicole Mühl

Fünf Säulen zur Zufriedenheit

Das PERMA-Modell, Teil 2

Sind positive Gefühle eine Fähigkeit,

die jeder Mensch besitzt oder werden

manche erwachsen, ohne diese

positiven Gefühle in sich zu tragen?

Dr. Erwin Gollner: Aus der Sicht der

Positiven Psychologie hat jeder Mensch

diese Ressourcen in sich – auch die

Fähigkeit, Glück zu empfinden. Sie ist zu

50 Prozent genetisch determiniert. Zu

zehn Prozent ist sie anlassbezogen – also

wenn man beispielsweise einen Lottogewinn

macht. Und zu 40 Prozent ist die

Empfindung und Entwicklung von

positiven Gefühlen eine Fähigkeit, die man

trainieren kann. Also man kann trainieren,

positiv zu denken.

Die positiven Emotionen sind im Gehirn

im vorderen Stirnlappen links beheimatet.

Rechts sind Ängste und Trauer verankert.

Wenn man diesen linken Stirnlappen, also

die positiven Emotionen, trainiert, gelingt

es einem leichter, positive Gefühle zu

entwickeln und Positives wahrzunehmen.

Warum ist die Grundstimmung bei

vielen so negativ?

Wir haben ein „Katastrophengehirn“. Um

zu überleben, mussten wir immer daran

denken, wo eine Gefahr lauert. Deswegen

sind wir eher anfällig auf das Negative

und denken eher im Negativen. Das war

immer für das Überleben wichtig. Das ist

heute nicht mehr nötig. Aber es ist immer

noch in uns drinnen. Deshalb müssen wir

bewusst positive Emotionen herholen.

Wie gelingt es, dass ich positive

Emotionen wahrnehme?

Indem ich mir überlege: Was führt zu

einer Reaktion in mir, die mich positiv

stimmt? Ein Kompliment, ein erfolgreiches

Erlebnis, ein Blick in die Natur etc.

Das können viele Dinge sein. Auch Dankbarkeit

führt zu einer positiven Emotion.

Aber jemand, der negativ geprägt ist,

kann das ja nicht einfach so abrufen.

Wie erkennt man Positives?

Ja, man muss den Blick darauf trainieren

und dazu gibt es eine gute Übung, die man

am Abend, vor dem Schlafengehen macht.

Man zieht ein Tages-Resümee und stellt

sich dabei die Fragen: Was ist heute gut

gelaufen? Was war heute schön? Worauf

bin ich stolz? Wann war ich heute

glücklich? Was habe ich heute erledigen

können? Eine Studie hat gezeigt, dass

Menschen, die das über sechs Monate

gemacht haben, begonnen haben,

intensiver positiv zu denken und positive

Emotionen wahrzunehmen.

Eine andere Übung ist das Dankbarkeitstagebuch.

Wenn man etwas erlebt hat und

dafür dankbar und stolz ist, schreibt man

es auf. Auch das trainiert den linken

vorderen Stirnlappen.

Also auch Dankbarkeit macht glücklich?

Ja, das ist so. Ein ehrliches Danke öffnet

Türen – bei Kollegen, Mitarbeitern, in der

Partnerschaft etc. Ein Danke führt dazu,

dass man dem anderen zeigt, dass man

ihn sieht und wahrnimmt. Das ist auch in

der Politik ein Schlüsselthema. Jene

politischen Parteien erhalten die Stimmen,

die den Menschen das Gefühl geben,

dass sie in ihren Ängsten und Sorgen

wahrgenommen werden.

Was ändert sich durch das positive

Denken?

Es geht nicht darum, dass man mit der

rosaroten Brille durchs Leben läuft.

Negative Emotionen gehören zum Leben

dazu. Aber man kann negative Ereignisse

besser bewältigen, wenn man gelernt hat,

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APRIL 2023 www.prima-magazin.at

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