prima! Magazin - April 2023
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REPORTAGE
In Speckstein
gemeißelt
Ein neugieriges Glücksbringerschweinchen, ein anmutiges Schmuckamulett neben einem grünen, eleganten
Steiermark-Herz. Was sie gemeinsam haben? Sie sind aus Stein und doch kann jede und jeder sie anfertigen.
Ohne spezielle Vorkenntnisse in kurzer Zeit.
Olga Seus
Mama Afrika: Die Abschlussarbeit
von Kerstin Freitag zeigt, wie vielfältig
der Stein bearbeitet werden kann,
je nachdem ob er poliert ist
oder nicht, hat er auch eine
andere Farbe.
Fotos © Reinhold Wenzel
Wie das möglich ist? Die Rede ist von Speckstein. Dieser ist der
weichste bekannte Stein und wird auch als Talcusstein bezeichnet.
In zermahlener Form wird er vielfach als Gleitmittel eingesetzt.
Man kennt ihn als weißes Pulver etwa in der Medizin
(Tabletten, Handschuhe), in der Kosmetik (z.B. Puder), Industrie
(z.B. bei Kabeln) oder auch als Talkum beim Turnen. Specksteinvorkommen
finden sich über weite Teile der Erde, in unterschiedlichen
Farben und Maserungen. Durch seine geringe Härte
kann man ihn sogar mit dem Fingernagel ritzen. Doch für die
professionelle Bearbeitung kommen vorwiegend Raspeln, Feilen
und Schleifpapier in unterschiedlicher Körnung zum Einsatz.
Hammer und Meißel werden nur für große Plastiken verwendet.
nen Formen angefertigt. Diese werden nun zum Teil in Do-ityourself-Sets
zusammen mit dem passenden Werkzeug
verschickt. Zum Teil werden sie aber auch von Kerstin Freitag,
dem kreativen Kopf hinter „Kunstwerk“, in Kursen und an
Ständen auf Märkten, Kirtagen, privaten Veranstaltungen
zusammen mit dem Publikum bearbeitet. So ein Kurs hat eine
ganz besondere Wirkung: Erst wirkt der Stein hart, unnahbar,
das fertige Werkstück zur Anschauung unerreichbar. „Wenn
dann Teilnehmende denken, dass sie dieses Handwerk niemals
erlernen, aber in kürzester Zeit kleine Kunstwerke erschaffen,
sieht man ihnen die Freude darüber an. Das ist herzerwärmend“,
beschreibt Kerstin Freitag ihre Erfahrungen. Das
Schöne ist: Mit den entsprechenden Vorlagen kann man
innerhalb einer halben Stunde etwas hervorzaubern. Egal wie
alt man ist. Am Ende wird der Stein noch eingeölt, dazu gibt es
bei „Kunstwerk“ eine eigens hergestellte Mischung aus Zitrusund
Harzöl, die nicht ranzig wird. Jetzt zeigt er seine endgültige
Farbe und liegt weich und speckig in der Hand. Zuletzt können
noch ganz feine Linien und Muster eingraviert werden.
Vier kreative Köpfe hinter „Kunstwerk“: (v.l.n.r.) Andreas Postl,
Anna Weninger, Hubert Höfler und Kerstin Freitag.
Vom Stein zum Kunstwerk
Die Firma „Kunstwerk“ in Hofkirchen bei Kaindorf hat sich
ganz diesem weichen, handschmeichlerischem Stein verschrieben.
Angeliefert werden fünf bis 30 Kilo Brocken, die erst
mittels Hammer zerkleinert und dann mit einer normalen
Bandsäge in passende Teilstücke geschnitten werden. Mittels
selbst gemachten Schablonen werden Rohlinge der verschiede-
18 APRIL 2023
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