Herzgesundheit
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Cholesterin
verstehen
FOTO: DR. MED. JOHANNES WIMMER, AEMPATHY GMBH
Wie kann man sein individuelles
Cholesterinrisiko und/oder seinen
LDL-Wert bestimmen lassen?
Ihr Arzt oder Ihre Ärztin entnimmt Blutproben,
auf nüchternen Magen. Fallen im
Labor bestimmte Werte zu hoch aus, wird
in der Regel eine zweite Probe veranlasst.
Im Gespräch mit dem Arzt wird dann
das persönliche Risiko ermittelt und das
weitere Vorgehen zur Senkung der Werte
besprochen.
Text Miriam Rauh
Herr Dr. Wimmer, Herzinfarkt
zählt zu den bedeutendsten
Gesundheitsproblemen in
den westlichen Industrienationen
– wie hängen Herzkrankheiten
und Cholesterinwerte zusammen?
Hohe Cholesterinwerte zählen neben
Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht
und einem ungesunden Lebensstil
zu den größten Risikofaktoren für
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das Risiko,
mit der Zeit einen Herzinfarkt oder
einen Schlaganfall zu bekommen, ist also
stark erhöht. Und es ist ja klar: Je mehr
Faktoren auf einen selbst zutreffen, desto
größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es
irgendwann eng wird.
Ist Cholesterin immer schlecht oder
erfüllt es auch bestimmte Aufgaben
im Körper?
Es gab Zeiten, in denen Cholesterin einen
extrem schlechten Ruf hatte. Heute wissen
wir jedoch, dass Cholesterin als Blutfett
ein lebenswichtiger Bestandteil unserer
Zellen und Grundbaustein vieler Hormone
ist. Kein Wunder also, dass unser schlauer
Körper einen Großteil des Cholesterins
gleich selbst produziert, damit auch immer
genügend Blutfett vorhanden ist. Etwa drei
Viertel stellt er selbst her, den Rest nehmen
wir über unsere Mahlzeiten auf. Wichtig
zu wissen ist aber, dass Cholesterin nicht
gleich Cholesterin ist. Es lässt sich in
mehrere Untergruppen aufteilen. Dazu
gehören unter anderem das LDL- und das
HDL-Cholesterin. Das LDL-Cholesterin,
das auch oft als schlechtes Cholesterin
bezeichnet wird, hat den Job, das Cholesterin
von der Leber über die Blutgefäße
zu den Organen zu transportieren. Dort
wird es für viele wichtige Aufgaben genutzt,
was also erst mal nichts Schlechtes
ist. Das HDL, das als das gute Cholesterin
gilt, dient dem Rücktransport von überschüssigem
Cholesterin aus den Organen
und Gefäßwänden zur Leber, wo es dann
abgebaut und mit der Gallenflüssigkeit
ausgeschieden wird. Ist das Verhältnis
zwischen LDL und HDL in Balance, dann
läuft das alles wie geschmiert und es gibt
keinen Grund zur Sorge. Ungemütlich wird
es erst, wenn zu viel LDL im Körper ist.
Welche Rolle spielt das LDL-Cholesterin
für das Arteriosklerose- und Herzinfarktrisiko?
Ist zu viel LDL-Cholesterin vorhanden,
gelangt es quasi aus dem Blut in die
Gefäßwand. Dadurch kann es zu einer
Arteriosklerose kommen, auch bekannt
als Gefäßverkalkung. Das kann man sich
vorstellen wie bei einem Gartenschlauch,
der mit der Zeit verstopft, sodass irgendwann
immer weniger Wasser durchgeht.
Im Körper nennt man diese Ablagerungen,
die sich an den Gefäßwänden
bilden, Plaques. Und auch hier gilt: Je
enger das Gefäß, desto höher das Risiko,
dass sich die Gefäße im Herzen und
Gehirn irgendwann verschließen.
Kann das LDL-Cholesterin auch bei
Kindern und Jugendlichen Schäden
anrichten?
Ja, sie sind dann in der Regel genetisch
bedingt. Das nennt sich dann familiäre
Hypercholesterinämie, die vererbt wird,
also angeboren ist. Auch in diesem Alter
können schon Gefäßveränderungen entstehen.
Darum ist es hier ganz besonders
wichtig, die Sache gut im Blick zu behalten
und die Werte regelmäßig checken zu
lassen. Aber auch ohne genetisch bedingt
erhöhte Werte steigt das Langzeitrisiko
bei einem erhöhten Cholesterinspiegel im
Körper in jungen Jahren, also das Risiko,
einen Herzinfarkt zu erleiden. Und kommen
dann im Laufe des Lebens auch noch
besagte Faktoren wie Diabetes oder Rauchen
hinzu, steigt das Risiko noch mehr.
Wer ist außerdem von einem erhöhten
Risiko betroffen? Welche Faktoren
spielen eine Rolle?
Jeder Mensch sollte seine Werte im Blick
behalten, denn Arteriosklerose bemerkt
man selbst erst, wenn die Sache ernst wird
oder es zu spät ist, deswegen nennt man
diese Art der Veränderung auch gerne
stiller Killer. Einige Gruppen gelten aber
als besonders gefährdet: Raucherinnen
und Raucher, Menschen, die an Diabetes,
einer Unterfunktion der Schilddrüse
oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
wie der koronaren Herzkrankheit leiden,
aber auch Personen mit einem sehr ungesunden
und fettlastigen Essverhalten.
Jeder
Mensch
sollte
seine
Werte
im Blick
behalten.
Können die LDL-Werte auch zu niedrig
sein?
Der aktuelle Grundsatz lautet: Lower is
better. Also: Niedriger ist besser. Wie
niedrig die Werte bestenfalls sein sollten,
hängt vom persönlichen Risiko ab. Je
höher das Risiko, desto niedriger sollten
die Werte sein. Wie die Werte aussehen
sollten, erfahren Sie im Gespräch mit
Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin.
Wenn man die Veranlagung hat, viel
LDL-Cholesterin zu bilden oder zu
speichern – kann man dem durch
seinen Lebensstil entgegenwirken?
Das geht grundsätzlich schon. Oft reicht
es schon, an ein paar Stellschrauben zu
drehen. Gerade über die Säulen Ernährung
und Bewegung kann man viel erreichen,
und natürlich kann man sich auch das
Rauchen abgewöhnen. Aber ich kann an
dieser Stelle nur betonen: Sprechen Sie
erst mal mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem
Hausarzt und lassen Sie die Werte checken,
damit rechtzeitig bemerkt wird, wenn
die Werte trotz gesunder Lebensweise zu
hoch sind. Und diagnostizieren oder behandeln
Sie sich nicht selbst auf eigene
Faust, sondern lassen Sie Ihre Werte
checken und sich dann in Ruhe beraten.
Dann wissen Sie genau, wo Sie stehen und
was zu tun ist. Ich sage immer, das ist wie
abends beim Autofahren. Da schalten Sie
ja auch die Scheinwerfer ein und fahren
nicht einfach auf gut Glück ohne Licht los.
Die meisten kennen ihre Blutdruckwerte,
auch der Blutzucker wird im Rahmen
von Vorsorgeuntersuchungen gecheckt.
Gilt das auch für das Cholesterin?
Ehrlich gesagt, kennen nur wenige Menschen
all diese Werte. Die meisten Leute
gehen nämlich nur äußerst ungern zu
Vorsorgeuntersuchungen. Und zum Arzt
geht’s erst, wenn’s wehtut. Und da kommen
wir auch schon zum Problem mit dem
Cholesterin – das tut nämlich nicht weh.
Wir können über Jahre hohe Cholesterinwerte
haben, ohne es zu merken. Ohne
dass es uns schlecht geht. Wenn Sie mich
also fragen, ob in der Hausarztpraxis
regelmäßig Blutdruck, Blutzucker UND
Cholesterin gecheckt werden sollten,
auch bei jüngeren Patienten, dann
würde ich sagen: Unbedingt! Warum
warten, bis die Arteriosklerose richtig
schlimm ist, statt so früh wie möglich
darüber zu sprechen, wie man erhöhte
Werte in den Griff bekommen kann?
Man muss sich
im Leben nicht
alles verbieten,
auch nicht die
Pommes oder
die Sahnesoße.
Lassen sich LDL-C-Zielwerte durch
eine Anpassung der Ernährung erreichen?
Oder muss auch zu anderen
Maßnahmen gegriffen werden? Welche
sind das?
Die erste Maßnahme sollte immer der Besuch
in der Arztpraxis sein, damit man
nicht einfach auf gut Glück loslegt. Im
Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin
werden dann die Maßnahmen besprochen.
Dazu gehören zum Beispiel mehr
Bewegung, nicht zu rauchen und weniger
Alkohol. Aber – vor allem – die Umstellung
der Ernährung und, wenn nötig, ein paar
Kilo weniger auf der Waage. Bringen diese
Maßnahmen keine Veränderung und ist
die Lage ernst, wird der Arzt auch über
eine medikamentöse Behandlung sprechen.
Eine Veränderung des Lebensstils
ist aber natürlich immer die erste Wahl
und bringt in der Regel auch gute Erfolge –
für die Cholesterinwerte, aber auch für das
allgemeine Wohlbefinden. Wenn man gesund
lebt, fühlt man sich eben auch besser.
Wie sieht denn die ideale Ernährung
zur Senkung der Werte aus?
Im Prinzip sind es die Basics einer gesunden
Ernährung: Viel Gemüse und Hülsenfrüchte
essen, dazu zwei Portionen Obst
am Tag, Vollkorn- statt Weißmehlprodukte
und hochwertige Pflanzenöle verwenden,
etwa Oliven-, Sonnenblumen- oder Leinöl.
Auch Omega-3-Fettsäuren sind wichtig,
weil unser Körper sie nicht selbst herstellen
kann. Sie stecken in Fisch bzw.
in Fischöl, aber z. B. auch in Leinsamen.
Deutlich reduzieren sollte man tierische
Fette, also Fleisch, Wurst, Butter, Käse,
Sahne. Und die fiesen drei sollte man
auch aus der Küche verbannen: Fast Food,
Fertiggerichte und Zuckerbomben.
Haben Sie noch einen Tipp zur
Vorsorge?
Ich lebe selbst nach dem Motto: Man muss
sich im Leben nicht alles verbieten, auch
nicht die Pommes oder die Sahnesoße ab
und zu als Genuss. Sofern es Ausnahmen
bleiben und man sich im Alltag gesund
ernährt, aktiv und in Bewegung bleibt
und auf sich achtet, ist das alles gar kein
Thema. Dann kann man sich auch Ungesundes
ab und zu genehmigen. Aber:
Egal wie gesund Sie unterwegs sind –
die Vorsorge sollte niemals auf der
Strecke bleiben, ob es nun um Cholesterin-
oder Krebsfrüherkennung geht.
Es ist immer besser, hinzuschauen und früh
zu handeln, als mit verbundenen Augen
durchs Leben zu gehen.